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Internationales BIONA Symposium   >>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>

Architektur aus dem Botanischen Garten

Die Bionik nutzt den großen Ideenpool der Natur und versucht gezielt deren Strukturen, Konstruktionsprinzipien oder Funktionsweisen auf (meist) technische Aufgaben zu übertragen. Beim internationale BIONA Symposium „Biomimetics in Architecture – evolutionary construction and design”, veranstaltet vom Institut für Tragkonstruktionen und Konstruktives Entwerfen (ITKE) der Uni, berichteten im November Experten aus England, den Niederlanden, Österreich, der Schweiz und Deutschland vor rund 150 Zuhörern über aktuelle Projekte der Architekturbionik. BIONA steht für „Bionische Innovationen für nachhaltige Produkte und Technologien" und ist ein Förderprogramm des Bundesministeriums für Bildung und Forschung.

Strelitzie Fassadenfarben mit Lotuseffekt, Faserverbundstoffe nach dem Vorbild von Bambus oder der Haifischhaut nachempfundene Schwimmanzüge sind Beispiele dafür, welche Innovationen die Natur für nachhaltige Produkte und Technologien birgt. „Bionik, das ist nicht, wenn Architekten Häuser bauen, die wie Seeigel aussehen“, sagt daher auch Prof. Jan Knippers, der Direktor des ITKE. Naturwissenschaften, Ingenieurwesen, Architektur, Design – bei bionischen Projekten finden die unterschiedlichsten Forschungsrichtungen zusammen. „Besonders die Architektur erlaubt es, viele bionische Ideen einzubeziehen und diese dann in Produkte umzusetzen, in Bauten oder Teile davon“, betonte Prof. Thomas Speck, der Direktor des Botanischen Gartens der Universität Freiburg.
Die pfeilförmigen Kronblätter der Strelitzie…..

Die Architektur profitiert nämlich neben originär architektur-bionischen Entwicklungen auch von innovativen Ideen etwa aus den Bereichen Leichtbau und Materialien, Oberflächen und Grenzflächen sowie der Sensor- und Energiebionik. Die Referenten des Symposiums aus Forschung, Praxis und Industrie stellten unter anderem von der Natur inspirierte, „selbstheilende“ pneumatische Membranen vor, zeigten Konstruktionen „mit Luft“ oder wie man mit lebendem Holz bauen kann. Achim Menges, Professor an der Universität Stuttgart, gab den Zuhörern einen Einblick in das computerbasierte Design mit evolutionären Algorithmen. „Die Prinzipien des Leichtbaus in Kombination mit denen der Bionik und modernen (Mikrosystem)Technologien bergen das Potenzial für die Zukunft“, erklärte Mike Schlaich. „Sie machen es möglich, autonome Tragwerke zu entwickeln, um die Forderung nach Wandelbarkeit und Funktionalität erfüllen zu können“, so der Professor von der TU Berlin.

„Natürliches“ Vorbild Strelitzie

Fassadenverschattung Julian Lienhard und Simon Schleicher, Doktoranden am ITKE, haben gemeinsam mit Biologen der Uni Freiburg die Strelitzie als „natürliches“ Vorbild für ein adaptives Bauelement gewählt. Genauer gesagt, deren pfeilförmig ausgebildeten blauen Kronblätter. Wenn sich ein Nektarvogel auf sie setzt, öffnen sich die Kronblätter, damit der Pollen am Vogelgefieder hängenbleiben kann – und zwar ohne Gelenke, Nieten oder Schrauben. Überträgt man diese Prinzipien, die sich an Pflanzen- und Blütenblättern oder wirbellosen Tieren orientieren, so entstehen Konstruktionen, bei denen Form und Bewegung durch die reversible Elastizität ihrer Komponenten bedingt sind. Diese haben den Vorteil, sich flexibel an verschiedene Nutzungsbedingungen anpassen zu können. Damit liefern sie zum Beispiel, und das ganz ohne verschleißanfällige Elemente, optimale Voraussetzungen für Beschattungssysteme. „Den Prototyp einer Fassadenverschattung haben wir schon hergestellt“, erzählt Julian Lienhard, und es gibt auch schon einen Partner aus der Industrie, der auf das Potenzial der Entwicklung setzt. Ziel und Herausforderung zugleich für die weitere Zukunft sind große, wandelbare Verschattungssysteme. Diese sollen sich verändernden Umweltbedingungen anpassen können, ganz nach dem Vorbild der Entfaltungs- und Biegeprinzipien bei Blütenblättern.
…sind das Vorbild für eine Fassadenverschattung, die sich flexibel an die Umweltbedingungen anpassen kann. (Fotos: Institut)

„Ein erfolgreiches, anregendes Treffen auf internationaler Ebene, das auf überraschend großes Interesse stieß“, resümiert Jan Knippers. Und da die Natur als Ideengeber für die Entwicklung neuer Materialien und Technologien noch viel zu bieten hat, ist eine Fortsetzung so gut wie sicher. Organisiert wurde das internationale BIONA Symposium in Stuttgart vom ITKE der Uni Stuttgart, der Plant Biomimetics Group der Uni Freiburg, dem Förderprogramm des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, das mit insgesamt 30 Millionen Euro praxistaugliche, nachhaltige Entwicklungen mit bionischem Ansatz fördert, sowie von BIOKON international und dem Kompetenznetz Biomimetik Baden-Württemberg. Julia Alber

 

 

KONTAKT
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Prof. Jan Knippers
Institut für Tragkonstruktionen und Konstruktives Entwerfen
Tel. 0711/685-82380
e-mail: j.knippers@itke.uni-stuttgart.de