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Historische Formen solidarischen Handelns >>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>

Migration als soziale Herausforderung

Migration ist kein Phänomen allein des 20. Jahrhunderts, doch hat gerade das vergangene Jahrhundert zahllose Menschenströme zur Umsiedlung gezwungen – und regte damit die historische Forschung an, verschiedene Migrationsformen, historische Kontinuitäten und Veränderungen bis in die Antike zurückzuverfolgen. Vor diesem Hintergrund veranstalteten das Historische Institut der Uni gemeinsam mit dem Haus der Geschichte und dem Stuttgarter Arbeitskreis für historische Migrationsforschung im Januar die Tagung „Migration als soziale Herausforderung. Historische Formen solidarischen Handelns von der Antike bis zum 20. Jahrhundert“.

Zwei Tage lang setzten sich 17 Historiker unter der wissenschaftlichen Leitung von Prof. Joachim Bahlcke und Prof. Peter Scholz (beide Stuttgart) sowie Prof. Rainer Leng (Würzburg) mit Fragen zu Migranten und deren Aufnahmegesellschaften auseinander. Sie ermöglichten dabei einen epochenübergreifenden Überblick von der griechischen Antike bis ins 20. Jahrhundert. Im Mittelpunkt standen die Bedingungen und die Handlungsmuster der von den Migranten angesteuerten Gesellschaften. Dies konnte etwa in Form von ethisch oder später auch christlich motivierter Armenfürsorge geschehen, durch die Vergabe von Land oder durch rechtliche Privilegien, die den Migranten gewährt wurden.

Während im Kontext der Völkerwanderung die Bewegungen von Stämmen über einen langen Zeitraum untersucht worden waren, nahmen einige Vorträge auch politische Flüchtlinge und deren Aufnahme unter die Lupe. So etwa die durch die Französische Revolution ab 1789 aus Frankreich Vertriebenen oder die polnischen Revolutionäre nach ihrer Niederlage in den Freiheitskämpfen um 1830. Letztere zogen durch deutsche Gebiete und erfuhren dabei eine ausgesprochen enthusiastische Solidarisierung durch sogenannte „Polenvereine“. Der Abschlussvortrag wiederum befasste sich mit dem Katastrophenmanagement in Deutschland nach 1945 durch den zunächst nur rudimentär vorhandenen Staat sowie mit der Versorgung der Vertriebenen aus dem europäischen Osten.

Gleich drei Vorträge widmeten sich der Migrationsgeschichte jüdischer Gruppen, die insbesondere im Mittelalter eine die hohe Mobilität aufwiesen. Außer diesen durch Nationalität oder Ethnie, durch sozialen Stand oder durch politische Positionen definierten Gruppen untersuchten die Referenten auch die wandernden Handwerkergesellen als Berufsgruppe in der Frühen Neuzeit.

„Die Tagung lieferte nicht nur Ergebnisse, sondern fordert auch zu weiteren Studien heraus“, lautete das Fazit der Teilnehmer in der Abschlussdiskussion. So müsse Migration in ihren Ausprägungen noch stärker differenziert werden. Ebenso seien weitere Fallstudien zu individuellem solidarischen Handeln nötig, um auf größere Gruppen oder gar Kollektive schließen zu können. Das Haus der Geschichte Baden-Württemberg als Tagungsort war im Übrigen bewusst gewählt: Es zeigte zeitgleich die Große Landesausstellung „Ihr und Wir. Integration der Heimatvertriebenen in Baden-Württemberg“.

Samuel Feinauer/amg

 

 

KONTAKT
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Prof. Joachim Bahlcke
Historisches Institut
Tel. 0711/685-83442
e-mail: joachim.bahlcke@po.hi.uni-stuttgart.de