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IRS-Mitarbeiter auf Meteoritensuche im Sudan   >>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>

Schwarze Steine im Wüstensand

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Systematisch durchkämmte ein Suchtrupp aus 50 Forschern und Studenten ein Wüstengebiet im Norden des Sudan nach den Überresten des Asteroiden 2008 TC3, der als Meteorit die Erde traf (das Foto lins zeigt ein Bruchstück). Mit dabei war auch ein Mitarbeiter des Instituts für Raumfahrtsysteme der Uni. Das rechte Bild zeigt ein Briefing durch den Expeditionsleiter Dr. Peter Jenniskens von der NASA.                                      (Fotos: Peter Scheirich)

   

Almahata Sitta (arabisch für „Station 6") ist eine extrem unwirtliche Gegend im Norden des Sudan mitten in der nubischen Wüste. Dort explodierte am 6. Oktober 2008 in etwa 35 Kilometer Höhe ein inzwischen nach der Wüstenstation benannter Meteorit beim Eintritt in die Erdatmosphäre. Gemeinsam mit 50 Forschern und Studenten der Universität Khartoum sowie 16 weiteren ausländischen Gastwissenschaftlern nahm Dr. Stefan Löhle vom Institut für Raumfahrtsysteme (IRS) der Uni im Dezember 2009 an einer groß angelegten Suchaktion nach den Bruchstücken teil. Mit Hilfe des gefundenen Materials lassen sich Rückschlüsse auf die Herkunft des Himmelskörpers sowie über das Verhalten eines Meteorits beim Eintritt in die Erdatmosphäre ziehen.

Der etwa 80 Tonnen schwere Asteroid 2008 TC3, der später als Meteorit die Erde traf*), ist der erste, der vor der Kollision schon im All mit Teleskopen beobachtet wurde. Ein Computerprogramm der Weltraumbehörde NASA hatte aus den gemessenen Daten die Flugbahn des Meteorits berechnet und seinen Einschlag elf Stunden im Voraus prognostiziert. Das Landegebiet lag rund 100 Kilometer südöstlich von Wadi Halfa, der Grenzstadt zu Ägypten. Bei ersten Suchaktionen fanden die Forscherteams bereits über 400 Bruchstücke und konnten den Flug des Meteorits am Himmel nachvollziehen.

sudan-gruppenfoto   Dieses Mal sollte die Suche, geleitet von Dr. Muawia Shaddad (Universität Khartum) und Dr. Peter Jenniskens (NASA/SETI Institute), Klarheit bringen, ob das Meteoritengestein durch die Witterung altert. Die Wissenschaftler hoffen, so auch Informationen über das Alter von Meteoritenbruchstücken zu bekommen, deren Einschlagsdatum nicht bekannt ist. Außerdem wollten Shaddad und Jenniskens weitere Wüstengebiete durchsuchen, da die meisten bisher gefundenen Bruchstücke zwar in der vorher gesagten Ost-West-Richtung niedergegangen sind, allerdings etwas weiter südlich als erwartet. Eine weitere offene Frage sind die Vorgänge beim Eintritt in die Erdatmosphäre, insbesondere das Szenario beim Zerbrechen des Meteorits. Daher fragte Jenniskens bei Dr. Stefan Löhle an, ob es am IRS die Möglichkeit gibt, thermophysikalische Eigenschaften wie etwa den Emissionsgrad eines Bruchstücks zu ermitteln.

Dr. Stefan Löhle (2. Reihe mit Strickmütze) inmitten seiner „Wüstenbande“  
(Foto: Casper te Kuile)

 

Zusammen mit dem Institut für Bauweisen- und Konstruktionsforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) schlug Löhle eine Methode vor, die es ermöglicht, die Temperaturleitfähigkeit zu bestimmen – beides mit nur einem Meteoritenfundstück, das dabei nicht zerstört wird. Als Jenniskens Löhle dann anbot, sich selbst an der Suchaktion zu beteiligen, ließ dieser sich die Gelegenheit nicht entgehen.
Im Sudan fand zunächst ein zweitägiger Workshop an der Universität Khartum statt, bei dem die Ergebnisse der vorherigen Exkursionen diskutiert wurden. Anschließend stellte Stefan Löhle die experimentellen Einrichtungen des IRS vor und erläuterte, wie er mit ihnen den Emissionsgrad des Meteoritenmaterials bestimmen möchte. Dann endlich wurden drei Wüstenbusse und vier Jeeps mit allem Überlebensnotwendigen bepackt. Nach 12 Stunden Autofahrt – die letzten vier davon querfeldein durch die Wüste – erreichte der Suchtrupp die „Station 6", eine Bahnstation aus englischer Kolonialzeit. Von hier startete das Team, um an drei Tagen im wahrsten Sinne des Wortes, „die Wüste zu durchkämmen". Die knapp 70 Teilnehmer stellten sich hierzu in einer Reihe auf und liefen dann auf Kommando einem GPS-gestützten Kurs folgend durch den Wüstensand – immer auf der Suche nach besonders schwarzen Steinen. Mit Erfolg: Insgesamt wurden über 200 Bruchstücke gefunden, vier davon von Stefan Löhle.

Schafe für’s leibliche Wohl
Die Abende in der Wüste vergingen sehr kurzweilig, zumal die sudanesischen Studenten für das leibliche Wohl der Reisetruppe sorgten und sogar extra zwei Schafe (lebend!) dabei hatten. Die endeten in einer Art Gulasch, das mit der Hand und Fladenbrot (Gurasa) aus großen Schüsseln gegessen wurde. Anschließend gab es Gesang, Arabisch-Lektionen, lebhafte Diskussionen und viel Gelächter. Ein kleines Bruchstück von „Almahata Sitta" ist mit Stefan Löhle nach Stuttgart gereist. Er hat großartige Eindrücke von der Wüste, dem Klima und vor allem den freundlichen, lachenden Menschen im Sudan mitgebracht. Löhle hofft, dass er den Kontakt zu den sudanesischen Mitstreitern aufrechterhalten kann. Aber zunächst gilt es, das gefundene Meteoritenstückchen am IRS zu charakterisieren. 
Stefan Löhle

*) Ein Asteroid ist ein Himmelskörper, der die Sonne umkreist, aber deutlich kleiner ist als ein Planet. Meteorite nennt man die zur Erdoberfläche gelangten Reste von Asteroiden oder Meteoriden. Ein Meteorid ist deutlich kleiner als ein Asteroid.

 

KONTAKT
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Dr. Stefan Löhle
Institut für Raumfahrtsysteme
Tel. 0711/685-62387
e-mail: loehle@irs.uni-stuttgart.de