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DAAD-Memorandum zur Förderung von Deutsch >>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>
Hopeless Language-Mischmasch
Englischsprachige Publikationen oder Studiengänge sind in der internationalen Wissenschaft zunehmend selbstverständlich. Doch es mehren sich die Stimmen, die einen Paradigmenwechsel anmahnen. So forderte der Deutsche Akademische Austauschdienst jüngst in einem Memorandum, dass die deutsche Sprache ihre traditionsreiche Stellung in der Wissenschaft behalten muss und startete die Initiative „Deutsch – Sprache der Ideen“.
In seinem Positionspapier plädiert der DAAD für eine Mehrsprachigkeit in den Wissenschaften, die sowohl den Status des Englischen als `lingua franca´ anerkennt als auch das Deutsche als Wissenschafts- und Kultursprache pflegt. Während auf der einen Seite die weltweite Kommunikationsfähigkeit der Forschung gewährleistet sein muss, soll auf der anderen Seite deutschen Wissenschaftlern die Möglichkeit erhalten bleiben, ihre Erkenntnisse in der eigenen Muttersprache und der entsprechenden sprachlichen Nuancierung zu erzielen und zu vermitteln. Die beste Werbung für Deutsch als Wissenschaftssprache, so lautet eine Leitlinie des Memorandums, ist die wissenschaftliche Exzellenz deutscher Hochschulen. Auch ausländische Studierende in englischsprachigen Studiengängen wollen Deutsch lernen - bekommen dazu aber oft nicht ausreichend Gelegenheit. Zu diesem Ergebnis kommen Katja Petereit und Elke Spielmanns-Rome in der März-Ausgabe der Zeitschrift „Forschung & Lehre“: „Die Annahme, dass ein ,deutschfreies’ Studium in Deutschland dessen Attraktivität als Studienstandort steigert, bestätigt sich nicht.“ Beide beziehen sich dabei auf Evaluationen englischsprachiger Master-Studiengänge, die das Fachbüro für internationales Bildungsmanagement (FiB) in den vergangenen fünf Jahren durchgeführt hat. Während ausländische Gaststudenten an der Uni Stuttgart sich ähnlich äußern, gehen die Meinungen unter den Wissenschaftlern auseinander. Der unikurier hat sich umgehört: Hat die Sprache Goethes in der Wissenschaft noch – oder
wieder - eine Chance? Amg |
Meinungsspektrum
Dr.
Heiko Richter, Director International Affairs
„Ich erkenne die Problematik, die sich durch eine Dominanz des Englischen
als Wissenschaftssprache ergibt. Einigen sich die Sprecher zweier Erstsprachen
auf eine der beiden Sprachen, so ist stets einer gezwungen, sich in einer Zweitsprache
zu äußern, die er mehr oder weniger gut beherrscht. Es entsteht automatisch
eine Wissensasymmetrie in Lexikon und Grammatik. Der „Fremdsprachler“ ist
auf jeden Fall in einer nachteiligen Situation. Beherrscht er die Sprache nicht
sehr gut, kann er sich mit seinem eingeschränkten Vokabular weniger differenziert
ausdrücken und wird zur Bedeutungsreduktion in seinen Äußerungen
gezwungen. Wird das Thema komplizierter und damit das Vokabular spezifischer,
kann es passieren, dass er dieses aus Unsicherheit meidet. Er gilt dann möglicherweise
als verschlossen oder gar fachlich inkompetent. Beherrscht er die Zweitsprache
hingegen sehr gut, so steigt auch die Erwartungshaltung bezüglich seiner
kulturellen Kompetenz in der Fremdkultur. Diese ist jedoch nicht automatisch
gegeben. Als Konsequenz aus der genannten Problematik Deutsch als Wissenschaftssprache
zu etablieren, sehe ich jedoch als keinen gangbaren Weg. Vielmehr sollte die
englische Sprachkompetenz der deutschen Studierenden und Wissenschaftler gezielt
gefördert werden, um so auch die Mobilität zu steigern, die wiederum
eine interkulturelle Kompetenz aufbaut. Gleichzeitig sollte weiterhin daran festgehalten
werden, in englischsprachigen Studiengängen obligatorische Deutschkurse
zu integrieren.“ |
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Prof. Jürgen Pafel, Institut für Linguistik/
Germanistik und Leiter des Sprachenzentrums
„Der Initiative des DAAD kann ich viel abgewinnen. Außer Bequemlichkeit
und Gedankenlosigkeit gibt es keinen Grund, sich als Wissenschaftler mit deutscher
Muttersprache nicht hin und wieder die Zeit zu nehmen für die Suche nach
deutschen Entsprechungen der gängigen meist englischen Fachterminologie
- um nicht beim alltäglichen Fachgespräch soon in hopeless language-Mischmasch
to enden. Ein deutsches Fachvokabular ist eine entscheidende Voraussetzung
dafür, dass Deutsch als Wissenschaftssprache überleben kann. Dabei
kann die Suche nach der besten deutschen Entsprechung durchaus sehr reizvoll
sein, nicht zuletzt weil die Möglichkeiten, die man bei der Übersetzung
englischer Fachterminologie hat, sehr vielfältig sind." |
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Prof.
Sandra Richter, Abteilung für Neuere Deutsche Literatur
I
„Niemand weiß, wie lange sich das Englische als lingua franca noch
behaupten kann. Möglicherweise finden wir in wenigen Jahren Journale auf
Mandarin-Chinesisch oder Arabisch. Sprache entwickelt sich nun einmal weiter,
und vor diesem Hintergrund begrüße ich das Memorandum des DAAD grundsätzlich. Sprachenpluralismus
ist zukunftsweisend. Auch das Deutsche muss als Wissenschaftssprache gepflegt
werden, denn nur so hält auch die Alltagssprache ihr Niveau. Dies gilt
vor allem für die Geisteswissenschaften, die in engem Kontakt mit der Öffentlichkeit
stehen. Trotzdem ist es wichtig, dass ausgewählte Forschungsarbeiten auch
der Geisteswissenschaften auf Englisch zur Verfügung stehen, weil wir
nur so ein nicht-deutschsprachiges Publikum anziehen. Dieses Publikum allerdings
sollte so viel Gefallen am Gelesenen oder Gehörten finden, dass es auch
Deutsch lernen will, um den Sachen auf den Grund zu gehen. Und diesen Wunsch
weckt man nicht durch ein stures Festhalten an der Nationalsprache, sondern
vor allem durch (…) eine attraktive Kultur und durch offene, durchlässige
und zugleich vielschichtige Kommunikationsformen. Solche Offenheit und Flexibilität
wünsche ich mir auch von und an der eigenen Universität." |
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Teilnehmer der diesjährigen Winter University an der Uni Stuttgart
„Die nächste Überraschung war, dass ich immer mit meiner Gastfamilie
Deutsch sprechen konnte. Ich hatte erwartet, dass sie alle mit mir Englisch üben
wollen, aber das war nicht der Fall. Und das freute mich.“ |
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Dr.
Gabriele Hartmann, International Doctoral Program Environment Water
(ENWAT)
„Der Vorschlag überrascht mich. (…) Im Bereich der Geisteswissenschaften,
in denen es ja oft um die Feinheiten von Sprache geht, kann ich einen Sinn
hinter dieser Idee sehen, in den Natur- und Ingenieurwissenschaften dagegen
nicht. Ich sehe es als großen Fortschritt an, dass wir uns heute auf
Fachkongressen in einer allen gemeinsamen Sprache differenziert verständigen
können. Wer nur auf Deutsch publiziert, erreicht nicht den gesamten Kreis
der international Forschenden. Das ist schade für die Wissensgemeinschaft,
aber auch für die Publizierenden, die dann auf Rückmeldungen verzichten
müssen. Auch der (manchmal nur kurzfristige) Austausch von Gastwissenschaftlern
hat nur einen Sinn, wenn diese auf eine gemeinsame Sprache zurückgreifen
können. (…) Nichtsdestotrotz finde ich es sehr wichtig, dass unsere
internationalen Doktoranden während ihrer Zeit in Deutschland eine Chance – aber
auch eine Verpflichtung - haben, unsere Sprache zu lernen - für den täglichen
Bedarf, um einen Zugang zu unserer Kultur und Denkweise zu bekommen und natürlich
auch, um sich mit deutschen Kollegen, etwa in Laboratorien und Werkstätten
verständigen zu können. Unter diesem Aspekt möchte ich dafür
werben, die nach dem Auslaufen der DAAD-Finanzierung zum Jahresbeginn eingestellten
Deutschkurse für internationale Doktoranden am Internationalen Zentrum
wieder anzubieten.“ |
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Prof. Martin Dressel, 1. Physikalisches
Institut
„Deutsch ist in den Naturwissenschaften keine Wissenschaftssprache mehr.
Deutsche Studenten und Forscher sind international massiv benachteiligt, wenn
Sie Englisch nicht in Schrift und Sprache sehr gut beherrschen. Die deutsche
Offenheit in dieser Beziehung hat uns im Vergleich zu Frankreich, Spanien oder
Italien Vorteile gebracht. (…) Wir werden die sprachliche Entwicklung
in den Wissenschaften nicht durch politische Einflüsse steuern können.
Dies ist in Frankreich gescheitert und würde auch in Deutschland scheitern.
(…)Wenn jemand an eine deutsche Hochschule oder Forschungseinrichtung
kommt, um Physik zu machen, kann er dies auch ohne jegliche Deutschkenntnisse.
Es wäre verheerend, hier Hürden aufzubauen. (…)
Allerdings ist die deutsche Sprache für jeden unabdingbar, der die
deutsche Kultur begreifen und in Deutschland (auch für begrenzte Zeit)
leben will. Der verpflichtende Deutschkurs der Alexander von Humboldt-Stiftung
für Stipendiaten ist richtig. Ich unterstütze es auch, mehr Deutschkurse
anzubieten und sie für jeden ausländischen Studenten verpflichtend
zu machen. Wir müssen die Menschen für Deutschland und die deutsche
Kultur begeistern. Dies geht Hand in Hand: Wer die Kultur liebt, wird die
Sprache lernen und umgekehrt. Jeder ausländische Student, der im Laufe
seine Studiums nicht Deutsch lernt, wird Deutschland verlassen. Dies ist
volkswirtschaftlich nicht sinnvoll." |
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