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Organische Moleküle auf Exoplaneten   >>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>

David mit Argusauge

Ein „David“ unter den erdgebundenen Teleskopen kann bei der Erforschung fremder, möglicherweise erdähnlicher, Planeten die Leistung eines Goliaths vollbringen. Das zeigten amerikanische, britische und deutsche Astronomen bei der Untersuchung von Exoplaneten, Planeten um fremde Sterne. Die Arbeit, über die in der Zeitschrift „Nature“ berichtet wurde*), wird die Suche nach organischen „Lebens“-Molekülen auf diesen Planeten um Jahre nach vorne katapultieren. Ein Schlüssel zu diesem Erfolg war eine neue Auswertetechnik der Weltraumbehörde NASA, an deren Entwicklung unter anderen das Institut für Raumfahrtsysteme (IRS) der Uni mitgewirkt hat.

Planeten Der David ist in diesem Fall das 30 Jahre alte Infrarotteleskop der National Aeronautics and Space Administration (NASA) auf dem Vulkan Mauna Kea in Hawaii. Obwohl der Hauptspiegel „nur“ einen Durchmesser von drei Metern hat, konnten die Wissenschaftler damit organische Moleküle in der Atmosphäre des 63 Lichtjahre entfernten Gasplaneten HD 189733b identifizieren. Für ein erdgebundenes Teleskop ist das ein bislang beispielloser Erfolg. „Dass wir unsere neuen Ergebnisse mit einem vergleichsweise kleinen, bodengebundenen Teleskop gewinnen konnten, ist sehr aufregend. Denn es bedeutet dass die größten bodengebundenen Teleskope mit Hilfe unserer neuen Methode in der Lage sein müssten, die Atmosphären erdähnlicher Planeten zu untersuchen“, freut sich Mark Swain vom NASA Jet Propulsion Laboratory (JPL) in Kalifornien.
Während des primären Transits bedeckt der Planet seinen Zentralstern; im sekundären Transit verschwindet er hinter ihm. Aus den spektralen Unterschieden zwischen den Phasen kann man auf die Zusammensetzung des Planeten schließen. (Grafik: Daniel Angerhausen)

Bislang waren solche Untersuchungen nur mit satellitengestützten (und schwer zugänglichen) Weltraumteleskopen möglich. Was dem David zu seinem Argusauge verhilft, ist eine von Pieter Deroo vom JPL in Zusammenarbeit mit Daniel Angerhausen vom IRS entwickelten neue Auswertetechnik. Diese macht es möglich, das extrem schwache Signal des eigentlichen Exoplaneten von dem dominanten Hintergrund der Erdatmosphäre optimal zu trennen. Die neue Kalibrationsmethode unterscheidet dazu die Lichtveränderungen, die sich ergeben, wenn HD 189733b hinter seinem Heimatstern verschwindet, von den Lichtveränderungen durch atmosphärische Turbulenzen und von Störsignalen des Detektors.

Zurzeit sind rund 400 Exoplaneten bekannt. Die meisten davon sind - wie der HD 189733b - jupiterähnliche Gasriesen; einige davon könnten aber auch so genannte „Supererden“ sein: Riesige Gesteinsplaneten mit einer – wie auch immer gearteten - Atmosphäre. In der Atmosphäre des HD 189733b wurden bereits verschiedene Fingerabdrücke von Wasser, Methan und Kohlendioxid gefunden. So auch durch das Team um Mark Swain, das den Exoplaneten bereits im August 2007 unter anderem in einem bis dahin nicht abgedeckten infraroten Wellenlängenbereich beobachtete. Die Gruppe entdeckte eine starke Methanemission, was auf eine hohe Aktivität in der Planetenatmosphäre hinweist. Die genauen Ursachen hierfür sollen mit weiteren Beobachtungen geklärt werden. „Das ist nur ein Vorgeschmack auf die Überraschungen, die wir bei der Erforschung von Exoplaneten noch erleben werden“, prognostiziert Swain.
Auch Daniel Angerhausen vom IRS wird dabei sein. Zusammen mit seinen amerikanischen Kollegen will er zunächst die neue Analysemethode weiter optimieren und dann auf eigene Beobachtungsdaten anwenden. „Endlich haben wir ein Werkzeug an der Hand, mit dem wir die Stecknadeln im Heuhaufen unserer Datensätze finden können“, freut sich der Stuttgarter Physiker und Astronom. Eine zentrale Rolle wird dabei die fliegende, an der Uni Stuttgart angesiedelte Infrarotsternwarte SOFIA (Stratosphären Observatorium Für Infrarot-Astronomie) spielen. SOFIA arbeitet einerseits – wie Satelliten – oberhalb der störenden Erdatmosphäre und andererseits verfügt sie über die nötigen Instrumente, um alle relevanten Wellenlängenbereiche ausgiebig studieren zu können. Außerdem hat SOFIA als flugzeuggestütztes Observatorium den Vorteil, dass sie grundsätzlich an jeden Ort der Erde fliegen kann, an dessen Nachthimmel Exoplaneten aktuell beobachtet werden können. Alle anderen Teleskope sind an einen bestimmten Ort auf der Erde oder einen Orbit im All gebunden. uk

*) Mark R. Swain et al.: A ground-based near-infrared emission spectrum of the exoplanet HD?189733b. Nature, 2010; 463 (7281): 637 DOI: 10.1038/nature08775

 

KONTAKT
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Daniel Angerhausen
Institut für Raumfahrtsysteme
Tel. 0711/685-60335
e-mail: angerhausen@dsi.uni-stuttgart.de