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Nicht-resonante Kopplung zwischen Quantenemittern und Resonator   >>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>

Fortschritte bei der Photonenerzeugung

Für künftige Anwendungen in der Quanten-Informationstechnologie wie etwa der abhörsicheren Datenübertragung werden verschlüsselte Nachrichten mit Hilfe von Lichtteilchen übertragen. Hierzu wird ein so genannter Quantenemitter (eine Lichtquelle) in einem Resonator energetisch angeregt, bis er einzelne Photonen (Lichtteilchen) „abschießt“. Nach bisheriger Vorstellung konnte es zu einer Wechselwirkung (Kopplung) von Quantenemitter und Resonator nur dann kommen, wenn die Photonenenergie des Emitters und eine Schwingungsmode des Resonatorfeldes präzise übereinstimmen (Strikter Resonanzfall). Physiker um Prof. Peter Michler vom Institut für Halbleiteroptik und Funktionelle Grenzflächen der Uni deckten nun neue Effekte der nicht-resonanten Kopplung auf, die über dieses Modell hinausgehen.

Gut geeignet für die Herstellung zuverlässiger Quantenemitter sind kristalline Halbleitermaterialen, da sich aus diesen künstliche Quantenpunkte erzeugen lassen, deren spektrale Eigenschaften über weite Bereiche des Spektrums abgestimmt werden können. In einem weiteren Schritt ist es möglich, die Dynamik der spontanen Photonenaussendungen gezielt zu manipulieren, indem ein Quantenpunkt in einen miniaturisierten Resonator eingesetzt wird. Ein solches Werkzeug stellen winzige Halbleiter-Türmchen dar, die an der Universität Würzburg erzeugt werden. Die Resonatoren mit einem Durchmesser von nur ein bis zwei Mikrometern enthalten Quantenpunkte, deren elektronische und optische Eigenschaften sich bei der Herstellung maßschneidern und genau analysieren lassen.

Darstellung Anhand aus einer ausgeklügelten Abfolge von Schichten aus Aluminium-Arsenid und Gallium-Arsenid bestehenden Würzburger Strukturen entdeckten die Stuttgarter Physiker einen Effekt der nicht-resontanen Kopplung, der die bisherigen Vorstellungen des strikten Resonanzfalls sprengt. Durch systematische spektroskopische Untersuchungen konnten sie aufzeigen, dass gekoppelte Quantenpunkt-Mikroresonator-Systeme insbesondere auch dann Photonen aussenden, wenn Quantenpunkt und Resonator stark gegeneinander verstimmt sind, also mit unterschiedlichen Frequenzen schwingen. „Dieser zunächst unerwartete Effekt weist auf eine ausgeprägte Licht-Materie-Wechselwirkung in derartigen Festkörpersystemen hin und wird folglich wesentliche Auswirkungen auf das Design und die Funktionalität zukünftiger Quantenemitter auf Quantenpunktbasis haben“, so der Leiter der Stuttgarter Forschungsgruppe, Prof. Peter Michler.
Schematische Darstellung der nicht-resonanten Kopplung eines Quantenpunktes mit einem Resonator. (Grafik: Institut)

Verständnis des Ursprungs der nicht-resonanten Kopplung
Ein wesentlicher treibender Prozess der nicht-resonanten Kopplung scheint der Effekt der reinen Dephasierung (des Kohärenzverlusts des Systems ohne Aussendung eines Photons) speziell über Wechselwirkung mit quantisierten Gitterschwingungen zu sein. Somit sind die aktuellen Untersuchungen ein wichtiger Beitrag, um die den nach wie vor nicht vollständig aufgeklärten und in der Fachliteratur diskutierten Ursprung der nicht-resonanten Kopplung grundlegend zu verstehen.
Darüber hinaus kann die nicht-resonante Kopplung in der Forschung in neuartiger und sehr gezielter Weise angewendet werden. So zeigen zahlreiche Emissionsmessungen an resonant angeregten Einzel-Quantenpunkten, dass der Emissionskanal der gekoppelten und verstimmten Mode auch als direkter „Monitor“ der Emissionscharakteristika des Quantenpunktes dienen kann. Auf diese Weise lassen sich beispielsweise elektronische Feinstrukturen, die Absorptionssättigung des Grundzustandes oder auch die untergrundfreie Messung der Photonenstatistik in Emission beobachten. „Die indirekte Beobachtung dieser Charakteristika durch Kopplung an die Resonanzemission des Grundzustands bietet ein sehr mächtiges Werkzeug für weitergehende Untersuchungen an derartigen Quantensystemen“, so Michler.
Die neuen Ergebnisse zu Quantenpunkten wurden in der Zeitschrift Nature Photonics veröffentlicht. Bereits im Oktober gelang es der Gruppe um Prof. Michler, mittels schmalbandigem Laserlicht einzelne Indium-Arsenid-Halbleiterquantenpunkte in Gallium-Arsenid, eingebettet in zylindrische Mikroresonatoren hoher Güte, gezielt resonant optisch anzuregen. Wie anhand eingehender systematischer Untersuchungen der Resonanz-Emission der Quantenpunkte nachgewiesen werden konnte, ist es gelungen, hochgradig ununterscheidbare Photonen mit nahezu idealen Kohärenzeigenschaften nahe dem so genannten Fourier-Limit zu erzeugen*). amg

 

 

KONTAKT
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Dr. Sven M. Ulrich
Institut für Halbleiteroptik und Funktionelle Grenzflächen
Tel. 0711/685-65226
e-mail: s.ulrich@ihfg.uni-stuttgart.de

*) Serkan Ates, Sven M. Ulrich, Ata Ulhaq, Stephan Reitzenstein, Andreas Löffler, S. Höfling, Alfred Forchel and Peter Michler: „Non-resonant dot–cavity coupling and its potential for resonant single-quantum-dot spectroscopy“, http://www.nature.com/nphoton/journal/vaop/ncurrent/abs/nphoton.2009.215.html Sven M. Ulrich et al.: Post-Selected Indistinguishable Photons from the Resonance Fluorescence of a Single Quantum Dot in a Microcavity, Phys. Rev. Lett. 103, 167402 (2009), http://link.aps.org/doi/10.1103/PhysRevLett.103.167402