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Digital-visuelle Kontrolle von Seilen   >>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>

Ende des großen Gähnens

Ob die Seile von Bergbahnen noch halten, wird seit Jahrzehnten unter anderem mit dem bloßen Auge kontrolliert. Ein monotoner Job in unmittelbarer Nähe des laufenden Seils, der zudem nicht ganz ungefährlich ist. Jetzt ist ein System zur digital-visuellen Seilkontrolle einsatzreif, das die Inspektionen bequemer und präziser macht und zudem Zeit spart. Entwickelt wurde es vom Institut für Fördertechnik und Logistik (IFT) der Uni im Rahmen eines Gemeinschaftsprojekts der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gemeinsam mit Kollegen der Uni Jena.

Kamerasystem für Seilprüfung Bei der bisher gebräuchlichen visuellen Seilkontrolle sitzt der Prüfer eingepfercht zwischen Maschinenteilen oder in schwindelnder Höhe auf einem Prüfstand und beobachtet das mit gleichbleibender Geschwindigkeit vorbeiziehende Seil, um Verschleiß- oder Bruchstellen und andere Schäden aufzuspüren. Bei mehreren Tausend Metern Seil braucht der Inspektor hierfür eine enorme Konzentration – und den Betreiber der Anlage kostet dies Einnahmen, weil die Seilbahn während der Prüfung geschlossen bleiben muss.
Dank des neuen Systems zur digitalen Seilkontrolle wird der Prüfer künftig am Bildschirm im warmen Büro arbeiten können: Auf dem Monitor laufen die Bilder von vier Kameras vorbei, die das laufende Seil ähnlich wie ein Scanner Zeile für Zeile abfotografieren und aus allen Blickwinkeln zeigen. Da sich die Aufnahmebereiche überschneiden, lassen sich alle sichtbaren Außendrähte sicher beurteilen. Bei einer Aufnahmegeschwindigkeit von drei Metern pro Sekunde geht das bis zu zehn mal schneller als bisher, und eine Bildauflösung von 100 Pixel pro Quadratmillimeter macht selbst kleinste Details sichtbar.
Kamerasystem für die digitale Seilprüfung bei der Schauinslandbahn. (Fotos: Institut)
Der Clou des Systems ist die Software. „Das System ist so programmiert, dass es weiß, wie ein intaktes Seil aussehen muss“, erklärt Konstantin Kühner vom IFT. Seilbereiche, die es als „intakt“ erkennt, werden deshalb von vorneherein von der weiteren Inspektion ausgenommen – und das sind in der Regel etwa 90 Prozent des Seils. Befreit von den einschläfernden Routinebeobachtungen kann sich der Prüfer umso intensiver jenen Seilstellen widmen, die das System als auffällig markiert, und abschätzen, ob der Schaden kritisch ist. Ist ein Befund unklar, erlauben es eine automatische Wiedergabe und Standbildfunktion, ein Zoom sowie ein Vor- und Rücklaufregler, das Problem genauer zu betrachten oder mit einem Kollegen zu diskutieren. Drahtbruch
Beispiel für einen Drahtbruch in einem Seilbahnseil.

Andere Prüfintervalle
Ein Lizenznehmer hat sich bereits gefunden, der das System inzwischen in Pilotprojekten in Steibis, an der Zugspitze sowie auf dem Schauinsland einsetzt. Sind die Erfahrungen gut, so die Hoffnung, könnte künftig an den gesetzlichen Prüfintervallen für die visuelle Prüfung gerüttelt werden. Ungeachtet dessen wollen die Stuttgarter Wissenschaftler das System nach Ablauf des DFG-Projekts weiterentwickeln, damit es künftig auch für andere Seiltypen eingesetzt werden kann. amg

 

KONTAKT
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Konstantin Kühner
Institut für Fördertechnik und Logistik
Tel. 0711/685-83671
e-mail: konstantin.kuehner@ift.uni-stuttgart.de