bild-mit-logo
unilogo Universität Stuttgart
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Uni-Kurier >>>> Sudieren & Lehren >>>>

 
 

Stuttgarter Nachwuchsforscher bei Nobelpreisträgertagung   >>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>

Große Chance für hochbegabte Chemiker

Die Chemie wird im 21. Jahrhundert eine Schlüsselrolle spielen. Dies gilt besonders, wenn es darum geht, nachhaltige Lösungen für die Entschärfung des Klimawandels, die Umstellung auf erneuerbare Energien, die umweltschonende Produktion oder die Bekämpfung von Krankheiten zu finden. Mit dieser Überzeugung kamen am 28. Juni 23 Nobelpreisträger und fast 600 hochbegabte Nachwuchsforscher zum 59. Lindauer Nobelpreisträgertreffen. Die jungen Forscher hatten ein mehrstufiges, internationales Auswahlverfahren erfolgreich abgeschlossen und gehören zu den vielversprechendsten wissenschaftlichen Talenten im Bereich der Chemie. Eingeladen waren auch vier Doktoranden der Universität Stuttgart.

Bei der traditionsreichen und weltweit einmaligen Zukunftswerkstatt waren Nobelpreisträger aus allen Themenfeldern der nachhaltigen Chemie zu Gast, darunter im Bereich der „Biochemie lebender Zellen“ Aaron Ciechanover (Nobelpreisträger 2004) und Kurt Wüthrich (2002), im Bereich „Analyse von Oberflächenreaktionen“ der Stuttgarter Alumnus Gerhard Ertl (2007) und im Bereich „Neue Strategien der Synthese“, hinter dem sich insbesondere die Katalyseforschung verbirgt, der Japaner Ryoji Noyori (2001). Eine Woche hörten Nobelpreisträger und Nachwuchswissenschaftler gemeinsam Vorträge, debattierten über aktuelle Themen und knüpften wertvolle Kontakte.

Prof. Ertl  

„Es ist eine große Ehre, mit den absoluten Spitzenforschern unseres Fachbereichs diskutieren zu können, ich bin fast ein wenig nervös“, sagte Sophie Besombes, die als wissenschaftliche Mitarbeiterin des Instituts für Polymerchemie der Uni Stuttgart an der Tagung teilnahm und auf neue Lösungsschritte bei erneuerbaren Energien hofft. Die 27-jährige Französin, die 2006 ihr Chemiestudium an der Uni Stuttgart mit der Note 1,0 abschloss, erforscht im Rahmen ihrer Promotion bei Prof. em. Claus D. Eisenbach Füllerpolymere auf der Basis nachwachsender Rohstoffe. Diese sollen einmal der molekularen Verstärkung von Kunststoffen dienen. Vom Institut für Organische Chemie der Uni Stuttgart reisten Martin Kaller und André Dieskau nach Lindau. Martin Kaller promoviert in der Forschergruppe von Prof. Sabine Laschat über den Einsatz von Flüssigkristallen im Bereich der molekularen Elektronik, insbesondere bei supramolekularen Kabeln und Kanälen. Kaller beschäftigt sich mit diskotischen (scheibchenförmigen) Flüssigkristallen, die eine zentrale Kronenethereinheit besitzen, und knüpft dabei an seine mit der Note 1,0 bewertete Diplomarbeit an der Uni Stuttgart an. Der verwendete Kronenether kann selektiv Kaliumionen komplexieren. Dadurch ist es möglich, die flüssigkristallinen Eigenschaften des Systems durch die Wahl des zu komplexierenden Kaliumsalzes gezielt zu steuern. Von der Tagung versprach der 25-jährige Stuttgarter sich nicht nur Impulse für die eigene Dissertation, sondern aufgrund der großen thematischen Breite auch einen Blick über den Tellerrand des eigenen Fachbereichs hinaus. „Und außerdem bin ich einfach auch gespannt, wie Nobelpreisträger als Mensch sind“, so Kaller.

Bei der Nobelpreisträgertagung in Lindau stellte sich auch der Stuttgarter Alumnus Gerhard Ertl, Preisträger im Jahr 2007 im Bereich Chemie, den Fragen der Nachwuchswissenschaftler.                      
(Foto: C. Flemming/Nobelpreisträgertagungen)

 

Gespräche auf Augenhöhe
Institutskollege André Dieskau, der den deutsch-französischen Doppeldiplomstudiengang Chemie mit der Note 1,0 absolvierte, arbeitet im Rahmen seiner Promotion bei Prof. Bernd Plietker an der Entwicklung selektiver eisen-katalysierter Reaktionen. „Mein Ziel ist es, für die organische Synthese relevante Reaktionen, unter Verwendung von kostengünstigen, ungiftigen und leicht zugänglichen Katalysatoren auf Eisen-Basis zu entwickeln“, sagt der 26-jährige Waiblinger. Die Tagung empfand Dieskau als einzigartige Möglichkeit, um herausragende Wissenschaftler und Persönlichkeiten kennen zu lernen. „Insbesondere freue ich mich über den Kontakt und Erfahrungsaustausch mit anderen Nachwuchswissenschaftlern aus der ganzen Welt.“
Theodor Ackbarow trat den Weg nach Lindau über das Massachusetts Institute of Technology (MIT) an. Dort erforscht der in Usbekistan geborene Nachwuchswissenschaftler als Gaststudent im Rahmen seiner Promotion in Kooperation mit dem Institut für Angewandte und Experimentelle Mechanik der Uni Stuttgart die mechanischen Eigenschaften biologischer Nanomaterialien, wie etwa Zellen, Knochen, Wolle oder Spinnenseide. Im Mittelpunkt von Ackbarows Arbeiten stehen atomistische Berechnungen auf Supercomputern, mit deren Hilfe sich die Bruchmechanismen von biologischen Materialien modellieren, beobachten und erklären lassen. Ackbarow war begeistert von der Tagung: „Es war selbstverständlich, jeden Teilnehmer beziehungsweise Nobelpreisträger am Ende der Vorträge direkt anzusprechen und sich offen sowohl persönlich als auch fachlich auszutauschen. Diese natürliche Offenheit würde ich mir für jede Lehr- und Forschungseinrichtung wünschen.“                                      amg