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Überraschende Entdeckung bei Metamaterialien >>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>

Trick sorgt für Durchblick

Dass Metalle Licht reflektieren, ist bekannt. Weniger bekannt ist, dass Metalle Licht auch verschlucken können. Dieser Effekt wird zum Beispiel genutzt, um farbige Kirchenfenster herzustellen. Die leuchtenden Farben stammen von winzig kleinen Gold- oder Silberteilchen in der Glasmasse, deren Zusammensetzung und Größe die optischen Eigenschaften beeinflussen. Stets galt jedoch ein klares Prinzip: Entweder verschlucken die Teilchen das Licht, oder sie reflektieren es. Mit dieser jahrhundertealten Erkenntnis haben Forscher der Universitäten Stuttgart und Kaiserslautern jetzt gebrochen: Dank einer trickreichen Anordnung gelang es ihnen, eine Gruppe von Goldteilchen durchsichtig zu machen, die für sich genommen undurchsichtig waren. Das auf diese Weise entwickelte Metamaterial könnte als hochempfindlicher Molekülsensor in der Medizin eingesetzt werden.

Damit die Nanoteilchen-Gruppe das Licht durchlassen kann, positionierten die Forscher um Prof. Harald Giessen vom
4. Physikalischen Institut zwei winzige Metallstangen mit einer Länge von nur 200 Nanometern nebeneinander und eine weitere quer darüber. Der Abstand zwischen den Teilchen beträgt dabei weniger als 100 Nanometer. Scheint nun Licht auf eine solche Probe, tritt ein neues Phänomen auf: Bei einer ganz bestimmten Wellenlänge lässt die gesamte Struktur das Licht fast komplett durch. Die Wellenlänge gehört zu einer bestimmten Farbe, und das Fenster im Lichtspektrum ist sehr schmal innerhalb einer breiten Absorption. Die Forscher vergleichen diesen Effekt mit einem klassischen Analogon der so genannten elektromagnetisch-induzierten Transparenz. Die Idee dazu wurde zusammen mit dem Atomphysiker Prof. Tilman Pfau vom 5. Physikalischen Institut entwickelt.

lichtfeld  

Mit dieser Entdeckung erzielte das Team aus Stuttgart und Kaiserslautern einen Durchbruch auf dem Gebiet der plasmonischen Sensorik. Denn frühere Forschergruppen, die kleine Metallteilchen für die Nanosensorik eingesetzt haben, waren durch die so genannte strahlende Dämpfung limitiert. Dieser Effekt kommt dadurch zustande, dass die schwingenden Elektronen in den Metallnanoteilchen nicht nur durch den elektrischen Widerstand gedämpft werden, sondern wie eine kleine Antenne elektromagnetische Strahlung aussenden, die ebenfalls zu einem Energieverlust führt. Bei der von der Gruppe um Prof. Giessen entwickelten neuen Struktur entfällt der Energieverlust aufgrund der elektromagnetischen Strahlung.

Darüber hinaus zeigt das Team einen Weg auf, um die noch vorhandene nichtstrahlende Dämpfung im Metall weiter zu senken. Mithilfe dieser Technologie, so die Hoffnung, kann man künftig neuartige höchst empfindliche molekulare Sensoren bauen, die kleinste Flüssigkeitsmengen, vielleicht sogar einzelne Moleküle, aufspüren können. Auch die Speicherung von Lichtsignalen bei der optischen Datenübertragung durch „langsames Licht“ ist ein möglicher Anwendungsbereich. Eine Gruppe aus den USA und Griechenland arbeitet zudem daran, die neuen Strukturen aus Stuttgart für bessere und verlustarme Metamaterialien einzusetzen.

Über die Entdeckung berichteten renommierte Fachzeitschriften, darunter Nature Materials in der Titelgeschichte vom September 2009 (http://www.nature.com/nmat/journal/v8/n9/abs/nmat2495.html), sowie zahlreiche Publikumsmedien. uk

Zwei längs, eins quer: Geschickt angeordnet, werden in sich undurchsichtige Goldteilchen durchsichtig. (Foto: Institut)

 

 

 

KONTAKT
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Prof. Harald Giessen
4. Physikalisches Institut 
Tel. 0711/685-65110
e-mail: giessen@physik.uni-stuttgart.de