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Landesforschungspreis für Prof. Wolfram Pyta >>>>>>>>>>>>>>>>>>

Hindenburg in neuem Licht

Gewöhnlich wird Paul von Hindenburg in den Geschichtsbüchern als altersschwache Schachfigur und Spielball der Machtinteressen Hitlers behandelt. Prof. Wolfram Pyta vom Lehrstuhl Neuere Geschichte der Uni dagegen zeichnete in achtjähriger Forschungsarbeit ein Bild, das den einstigen Reichspräsidenten als charismatischen Ma.htmlenschen zeigt. Für diesen grundlegend neuen Erklärungsansatz erhielt Pyta in diesem Jahr den Landesforschungspreis. Der Stuttgarter Historiker teilt sich den mit insgesamt 200.000 Euro dotierten Preis im Bereich Grundlagenforschung mit dem Freiburger Biochemiker Prof. Nikolaus Pfanner. Der Preis für Angewandte Forschung ging an den Karlsruher Wissenschaftler Prof. Jürg Leuthold.

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Für seine Hindenburgforschung erhielt Prof. Wolfram Pyta jetzt den begehrten Landesforschungspreis.               (Foto: MWK/Fredrik Arnold)

 

„Hindenburg war bis zuletzt ein Ma.htmlensch, dessen Mythos und Charisma ihm die notwendige Autorität verliehen, politische Entscheidungen zu treffen und damit Hitler die Reichskanzlerschaft zu ermöglichen“, erläutert Pyta seine Kernthese, die er unter anderem in seinem 2007 erschienenen Werk „Hindenburg. Herrschaft zwischen Hohenzollern und Hitler“ formuliert. Dabei leitet er das Handeln Hindenburgs aus dessen besonderem Verständnis von politischer Herrschaft ab und betrachtet sowohl langfristige strukturelle Faktoren als auch die historische Konstellation im Januar 1933.

Seine politische Karriere beginnt Hindenburg im Ersten Weltkrieg, als ihm als Oberbefehlshaber der im Osten eingesetzten achten Armee 1914 sein einziger wirklicher militärischer Erfolg gelingt: Der Sieg gegen die russischen Invasoren. Zu dieser Zeit bereits 66 Jahre alt, positioniert sich Hindenburg als Retter der Nation – und gewinnt die Aura des charismatischen Kriegshelden, dem die Einheit der Nation am Herzen liegt.

Dieses Charisma Hindenburgs bildet die Basis von Pytas Forschungen: Der Historiker beschreibt das Charisma-Konzept in Anlehnung an soziologische Studien als eine interaktive Beziehung zwischen einer Person und ihrer Gefolgschaft. Besonders in Krisenzeiten äußert sich das Bedürfnis eines Volkes nach einer symbolisch aufladbaren Figur, die als Projektionsfläche kollektiver Vorstellungen dient. „Hindenburg betrieb gezielte Imagepflege, er inszenierte sich medial, bis sein Portrait zu einem allgegenwärtigen Symbol für die nationale Einheit geworden war“, zieht Pyta Bilanz. Zur Verständigung mit Hitler kommt es erst, nachdem sich Hitler den Vorgaben des Reichspräsidenten unterordnet. Als Kanzler ist der NS-Parteiführer für Hindenburg solange inakzeptabel, wie er im Alleingang und damit an Hindenburg vorbei versucht, an die Macht zu gelangen. Erst als sich Hitler den Regieanweisungen des Reichspräsidenten beugt, seine Ansprüche mäßigt und sich zum Eintritt in eine „Regierung der nationalen Konzentration“ bereit erklärt, wird er für Hindenburg kanzlerfähig. Am Ende designiert Hindenburg in seinem politischen Testament Hitler zu seinem gewünschten Nachfolger – ein Dokument, das bislang der Aufmerksamkeit der Historiker weitgehend entgangen ist und das dazu führen dürfte, dass manche Schul- und Lehrbücher teilweise neu geschrieben werden müssen.  Mit dem Preisgeld in Höhe von 50.000 Euro möchte der Historiker ein weiteres monografisches Projekt angehen.                                                                             zi

 

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Prof. Wolfram Pyta
Historisches Institut der Universität Stuttgart
Tel. 0711/685-83450/51
e-mail: Wolfram.Pyta@hi.uni-stuttgart.de