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Stochastische Modelle begrenzen Rechenaufwand und sorgen für Realitätsnähe >>>>>>>>>>>>>>

„Unsicherheit muss sicher sein“

Wenn Kohlendioxid in tiefen Erdschichten deponiert werden soll, ein Schadstoff in den Boden gelangt oder ein Medikament in einen Tumor injiziert wird, ist die Frage nach der Ausbreitung und Verteilung dieser Stoffe alles andere als einfach zu beantworten. Solche Strömungs- und Transportvorgänge in heterogenen Medien stehen im Mittelpunkt des SimTech-Projekts „Stochastic Models für Nonlinear Convection-Dominated Flow“. Es soll dazu beitragen, dass stochastische Techniken für komplexe und realitätsnahe Aufgaben rund um die Strömung in heterogenen Medien in der alltäglichen Praxis eingesetzt werden können.

simtech Geologische wie biologische Materialien sind von einer hohen Variabilität gekennzeichnet. Ihre Zusammensetzung Punkt für Punkt genau definieren zu wollen, ist unrealistisch beziehungsweise schlichtweg unmöglich – zumal wenn sich, wie beim Beispiel des Kohlendioxids, die zu untersuchende Lagerstätte über mehrere Quadratkilometer in tiefen Erdschichten erstreckt. Doch selbst wenn man um die genaue Zusammensetzung des jeweiligen Mediums wüsste – Strömungs- und Transportvorgänge sind äußerst komplex und von vielen Faktoren abhängig. Was also tun? „Wenn man etwas nicht weiß, bedient man sich der Statistik“, erklärt Wolfgang Nowak, der über geostatistische Methoden zur Identifizierung von Fluss- und Transport-Parametern in der Erdoberfläche promovierte und im Rahmen von SimTech nun die Juniorprofessur „Stochastic Modelling of Hydrosystems“ am Institut für Wasserbau inne hat.

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Durchlässigkeit in einem heterogenen porösen Medium (rot kennzeichnet die „durchlässigsten“, blau die dichtesten Bereiche).     (Grafik: IWS/ LH2)

 


Um die wahrscheinlichsten Szenarien für Strömungs- und Transportvorgänge durch die verschiedensten heterogenen Medien und die dazu notwendigen mathematischen Modelle zu entwickeln, ist interdisziplinäre Zusammenarbeit über Fakultätsgrenzen hinweg angesagt. Gesucht wird ein optimaler und sinnvoller Kompromiss zwischen der möglichst genauen physikalischen Abbildung der Prozesse und des Mediums einerseits und einer möglichst großen statistischen Genauigkeit andererseits.

Hierzu arbeiten Wissenschaftler vom Institut für Angewandte Analysis und Numerische Simulation und dem Institut für Wasserbau eng zusammen. Dem zeitintensiven Rechenaufwand, der mit dem stochastischen Ansatz einhergeht, wollen sie auf mehrfache Weise begegnen. So gilt es, die Probleme so genau wie möglich zu formulieren, problemspezifische Lösungsansätze zu erarbeiten, wo möglich Vereinfachungen zu wählen und zwischen Realitätstreue und statistischer Genauigkeit auf eine optimale Balance des Rechenaufwandes zu achten. „Nur in dieser Kombination erreichen wir akzeptable Rechenzeiten“, weiß Diplom-Mathematiker Ilja Kröker vom Institut für Angewandte Analysis und Numerische Simulation, der sich im Rahmen seiner Promotion mit dieser Thematik beschäftigt.

 

Das wichtigste Ziel der Projektgruppe ist es, die Unsicherheit der statistischen Vorhersagemodelle mittels eines sogenannten Fehlerschätzers so genau wie möglich zu berechnen. Dies war bislang noch nicht möglich, ist aber enorm wichtig.

„Die Unsicherheit muss sicher sein“, betont Wolfgang Nowak, können doch nur mit dem genauen Wissen um die Unsicherheit realistische Vorhersagen getroffen und zu optimistische ausgeschlossen werden. Außerdem hilft der Fehlerschätzer dabei, den Rechenaufwand optimal zwischen physikalischer Abbildung und statistischer Genauigkeit auszubalancieren. Das ist für die geschätzte Verweilzeit von Kohlendioxid in der Tiefe gleichermaßen entscheidend wie für die gezielte Verteilung eines Tumormedikamentes in dem Gewebe, für das es vorgesehen ist.                                                                             Julia Alber

 

KONTAKT
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JP Wolfgang Nowak
Institut für Wasserbau
Tel. 0711/685-60113
e-mail: nowak@simtech.uni-stuttgart.de
>>>> http://www.simtech.uni-stuttgart.de