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Internationaler Semiotik-Kongress an der Uni Stuttgart   >>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>

In der Welt der Zeichen

Die Stadt und insbesondere die Universität Stuttgart galten zwischen den 50er und 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts als „Gravitationszentrum“ der so genannten Konkreten Bewegung. Nicht zuletzt war dies auch das Verdienst des Stuttgarter Professors für Philosophie und Wissenschaftstheorie, Max Bense, der Vertreter aus Kunst, Wissenschaft und Architektur in der ,Stuttgarter Gruppe’ versammelte. Das Logo der Universität Stuttgart und die beiden Hochhäuser der Keplerstraße (K I und K II)  sind noch heute stille Zeugen dieser Bewegung. Im Oktober tagte der 12. Internationale Kongress der Deutschen Gesellschaft für Semiotik an der Universität Stuttgart und zeigte, dass das „Konkrete als Zeichen“ – so das Kongreßthema – von seiner Aktualität bis heute nichts eingebüßt hat.

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Mit der S-Bahn vom Stuttgarter Hauptbahnhof nach Ludwigsburg zu kommen, ist ganz simpel: Mit der S4 in Richtung Marbach; nach fünf Stationen aussteigen, fertig. Als Orientierung kann hierfür der schematisierte Plan des Verkehrsverbunds Stuttgart (VVS) dienen. Man folge einfach der blauen Linie. Das Schematogramm entspricht zwar nicht der exakten Geographie der Stadt Stuttgart, reicht aber völlig aus, um sich darin zu Recht zu finden. Das VVS-Netz enthält einen Code, den man, je nach Wissensstand, decodieren kann. Früher geschah dies durch einen geographischen Code. Heutzutage denkt man ‚konkret’, das heißt in Linien und Farben. Die Konstellation der Ortsnamen und ihrer Verbindungen sind völlig ausreichend, um mit der Bahn oder dem Bus ans Ziel geführt zu werden. Warum das so ist, hängt mit unserer heutigen Auffassung der Zeichen zusammen.

Die traditionelle Auffassung der Semiotik, also der allgemeinen Lehre von den Zeichen, setzte ein Zeichen voraus, das einen Code enthält, während die ‚in ihm enthaltene Bedeutung’ vom Empfänger decodiert wird. Heute geht man von einem Zeichen aus, das zunächst etwas Konkretes ist. Mit konkret ist zunächst die Materialität des Zeichens gemeint.

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Die Bedeutung, die den Zeichen anhaften soll, kommt tatsächlich erst in einem zweiten Schritt zustande. „Wir produzieren die Bedeutung, nachdem uns die Zeichen materiell sinnlich gereizt haben“, so der Stuttgarter Literaturwissenschaftler Reinhard Krüger, der die Tagung organisierte. „Dies ist das Neuartige an der Zeichenkonzeption unter dem Einfluß der Konkreten Bewegung. Die Bedeutung steckt nicht in den Zeichen, sondern wir ko-produzieren die Bedeutung, nach Maßgabe dessen, was wir wissen.“
Das Konkrete als Zeichen ist im Alltag überall zu finden und inzwischen hat der Begriff des Konkreten in nahezu jede Wissenschaft Eingang gefunden. Allerdings wird er nicht überall gleich verwendet. Während darunter im psychologischen Bereich das Defizit verstanden wird, bei dem es in der Verarbeitung der Zeichen nicht zur Abstraktion kommt, geht es beispielsweise in den Wirtschaftswissenschaften um das Problem der Vermittlung von Gebrauchswerteigenschaften der Waren oder in der psychosozialen Medizin sehr konkret um die Atmosphäre im Krankenhaus. „Im Semiotik-Kongress konnten Vertreter aus unterschiedlichen Disziplinen an einen erfolgreichen Austausch teilnehmen“, so Reinhard Krüger, „dem sie die unterschiedliche Begrifflichkeit der jeweils anderen zur Kenntnis nahmen.“

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Vorarbeiten und Logo der Universität Stuttgart, entworfen von Stankowski und Duschek.   (Foto: Institut)

Bereits um die 20er Jahre des vergangenen Jahrhunderts wurde das Konkrete als Kunst-Konzept praktiziert. Nach diesem Verständnis wird das Kunstwerk aufgebaut aus den eingesetzten Materialien und den Manipulationen, denen das Material unterzogen wird. Es gilt, das Material mit seiner ästhetischen Eigengesetzlichkeit darzustellen. Qualitäten wie Formen, Linien und Farben treten in den Vordergrund. Man baut Kunstwerke gemäß der Gesetzlichkeit des Materials, die nichts anderes präsentieren als die Gesetzlichkeit des Materials selbst. Poesie, Malerei, Musik, Architektur suchen nach Wegen, ihr „Material“ in Szene zu setzen. Die Architektur des K I und K II beispielsweise, die sich so einem Ideal verpflichtet, verwendet den Baustoff nicht dekorativ oder ornamental, sondern in seinem rohen Zustand. Das Rohe des Betons und des Stahls, der Ziegel, des Glases und des Holzes soll zum Vorschein kommen.
Seit den 50er Jahren wurde die Stadt Stuttgart für Künstler, Denker und Architekten zur Hochburg der konkreten Bewegung. Den Grafiker und Designer Anton Stankowski, seinen Schüler Karl Duschek, der das Logo der Universität Stuttgart entwarf, und schließlich den Philosophen Max Bense zog es nach Stuttgart. Bense, der den Lehrstuhl für Philosophie bis zu seiner Emeritierung 1978 innehatte, trug dazu bei, dass sich der Ruhm Stuttgarts und der Universität auf dem Feld des Konkretismus mehrte. Er lud renomierte Künstler und Wissenschaftler zum Austausch zwischen den Disziplinen ein. Viele von ihnen blieben gleich in Stuttgart, so der konkrete Dichter und Germanist Reinhard Döhl, der hier 1965 promovierte und später bis zu seiner Emeritierung eine Professur für Germanistik an der Universität Stuttgart innehatte.                                Nikolaus Karatsioras

 

KONTAKT
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Prof. Reinhard Krüger
Lehrstuhl Romanistik I
Tel. 0711/685-83110
e-mail: reinhard.krueger@ilw.uni-stuttgart.de

 

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