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Heinrich Schullerer sorgt für den Datenschutz >>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>

Lücken entdecken, bevor sie entstehen

Wenn das Campus-Leben zunehmend online geregelt wird und von den Krankenkassen bis zum Einzelhandel immer mehr Institutionen an den Daten von Studierenden und Uni-Mitarbeitern interessiert sind, ist Heinrich Schullerer ein gefragter Mann: Der leidenschaftliche Datenschützer hat die Aufgabe, Risiken hinsichtlich der Verarbeitung von personenbezogenen Daten zu erkennen und ihnen entgegenwirken – und das in gleich zwei Funktionen: Als Datenschutzbeauftragter der Uni Stuttgart und als Leiter der Zentralen Datenschutzstelle der Landesuniversitäten (ZENDAS), die im August ihr fünfjähriges Bestehen beging.

Schullerer gläserne Mensch
An den Daten von Studierenden und Uni-Mitarbeitern sind die verschiedensten Institutionen interessiert.
Heinrich Schullerer, der oberste Datenschützer der Uni und Leiter der Zentralen Datenschutzstelle
der Landesuniversitäten (ZENDAS), kämpft gegen den „gläsernen Menschen“. (Fotos: Eppler, Zendas)

Als Heinrich Schullerer im April 1998 Datenschutzbeauftragter der Uni Stuttgart wurde, war die Stelle nicht mehr wie zuvor in der Verwaltung, sondern erstmals als Stabsstelle des Kanzlers und organisatorisch beim Rechenzentrum angesiedelt. „Alles andere befand der damalige Kanzler Joachim Schwarze als nicht mehr zeitgemäß“, erinnert sich Heinrich Schullerer. Hinter der organisatorischen Änderung verbarg sich mehr als eine Formalie: Sie sollte zum einen die wichtige Verknüpfung zwischen Recht und Technik in diesem Bereich zum Ausdruck bringen. Zum anderen wurde der Datenschutz zu einem integrativen Bestandteil der Verwaltungsaufgabe, der von Anfang an bei Verwaltungsprozessen einzubeziehen sei.

„Früher wurde der Datenschutz meist erst spät eingebunden und machte dann oft Kompromisse notwendig, fiel als Verhinderer, Hemmnis oder Bremse auf“, erläutert Schullerer diesen Paradigmenwechsel. Wird der Datenschutz dagegen in konstruktiver und lösungsorientierter Weise vorgelagert, präsentiert er sich in einem neuen, positiven Licht. „Heute wissen die Betroffenen, dass der Datenschutz gelingen kann, wenn man ihn von Anfang an integriert“, betont Heinrich Schullerer. Joachim Schwarze war es auch, der vor fünf Jahren ZENDAS an die Uni Stuttgart gebracht hat. „Und es ist dem beherzten Auftreten von Rektor und Kanzlerin im vergangen Jahr zu verdanken, dass die Datenschutzstelle der Landesuniversitäten an der Universität Stuttgart verblieben ist“, betont Schullerer.

Schullerer
„Mit der automatisierten
Datenverarbeitung geht ein ganz besonderes Gefährdungs-
potenzial einher“.

Das Jubiläum hat die Presse mobilisiert. Immer wieder stand Heinrich Schullerer in den vergangenen Monaten Rede und Antwort und berichtete über das erfolgreiche Kooperationsmodell zwischen den neun Landesuniversitäten, das sich dem sorgsamen Umgang mit personenbezogenen Daten aus Forschung, Lehre und Verwaltung verschrieben hat. Dass in der Berichterstattung viel von seiner Person und wenig von seinen kompetenten Mitarbeitern die Rede war, stört den ZENDAS-Leiter gewaltig. Denn das ZENDAS-Team mit seiner Zusammensetzung aus Juristen und Informatikern ist so einmalig wie die Einrichtung selbst. „Und das ist das Geheimnis unseres Erfolgs.“ Datenschutz bedeute heute eine Symbiose aus Recht und Technik, da sind beide Disziplinen gefragt. „Unsere Juristen haben ein Faible für Informatik, können sich in die technischen Abläufe hineindenken und verstehen sich mit den Informatikern.“ Nur so kann auf die Klärung der Rechtslage die datenschutzgerechte technische Umsetzung folgen.

Als Kontrolleure verstehen sich die ZENDAS-Mitarbeiter nicht. Sie wollen ihre Uni-Kollegen unterstützen und für den datenschutzgerechten Umgang mit persönlichen Daten sensibilisieren – mit Erfolg, wie die Qualität und der Umfang der Anfragen zeigen. „Mit der automatisierten Datenverarbeitung geht ein ganz besonderes Gefährdungspotenzial einher, da sich Daten recht schnell zusammenführen lassen“, erklärt Schullerer, und hat ein eindrucksvolles Beispiel parat: Eine Telefonnummer aus Stuttgart ihrem Besitzer zuzuordnen, das war mit dem gedruckten Telefonbuch eine Sisyphusarbeit „Heute genügt dafür ein Klick im Internet.“

Datensammler erhalten meist eine Absage
Immer am Puls der Zeit aktuelle Risiken erkennen, aufspüren und ihnen schließlich entgegenwirken, dieser Aufgabe gehen die Datenschützer nicht als „Einzelkämpfer“ zwischen Gesetzestexten und vor dem PC nach, sondern im Kontakt mit den Nutzern. „Um ein Seminar über den Datenschutz im Sekretariat auszuarbeiten, hospitieren wir schon mal in den Sekretariaten und schauen uns die Arbeitsabläufe genau an“, erzählt Heinrich Schullerer. Später werden sie dann beispielsweise thematisieren, dass unverschlüsselte Mails Postkarten im Netz gleichen und erklären, wie man Mail-Anhänge verschlüsseln kann. Oder sie machen auf verdeckte Daten in Word-Dokumenten aufmerksam, sogenannte Metadaten, und zeigen, wie man diese löscht. Für das Studiensekretariat, wo von den Krankenkassen, über Sozial- oder Ausländerbehörden, Rentenversicherungsträger und besorgten Eltern bis zu potenziellen Arbeitgebern über 35 externe Stellen nach Daten von Studierenden fragen, haben die Fachleute von ZENDAS ein Anfragetool entwickelt. Es gibt einen schnellen Überblick über die Rechtslage, hält Mustertexte für Absagen bereit und erleichtert die Arbeit erheblich. „Rund 90 Prozent der Anfragen bescheinigen wir mit einer Absage“, weiß Schullerer.

„Konstruktiver Datenschutz kann sogar dazu beitragen, dass die Uni mit Unternehmen der freien Wirtschaft konkurrieren kann“, schmunzelt der Datenschutzbeauftragte. Dabei verweist er auf ein neues, selbst programmiertes Ausbildungsportal, das zum Einsatz kommt, wenn die Uni Lehrstellen zu besetzen hat. Es stellt den Ausbildern an der Universität die eingegangenen Bewerbungen online zur Verfügung und ermöglicht es ihnen somit, zeitnah die besten Bewerber zu gewinnen. Ein ganz anderer, noch am Anfang stehender Service sind Lehrveranstaltungen, die Studierende im Bereich der Schlüsselqualifikation „Sozialkompetenz“ mit den Gefährdungen vertraut machen sollen, die Personendaten im Netz mit sich bringen können.

Bei diesem Thema wird Heinrich Schullerer leidenschaftlich: „Das Internet vergisst nichts, und in Personalabteilungen zählt das Screening von Bewerbern im Netz heute zum Standardvorgehen.“ Deshalb entwickeln die Datenschützer der Uni Schutzmechanismen, die verhindern sollen, dass mögliche Arbeitgeber im Netz beispielsweise über eine verpatzte Klausur stolpern. Noten und Matrikelnummern im Internet sollten der Vergangenheit angehören. Damit dies gelingt, erhalten die Studierenden für jede Prüfung nach dem Zufallsprinzip eine Nummer oder ein Pseudonym, unter dem sie ihre Note im Netz finden. „Eine Profilbildung mittels Suchmaschinen ist dann ausgeschlossen“, sagt Schullerer.

Dass ihm künftig die Arbeit ausgehen könnte, braucht der oberste Datenschützer der Unis im Land wohl kaum zu befürchten. „Solange personenbezogene Daten verarbeitet werden, wird man das ZENDAS-Team nachfragen“, sagt er, „neue Entwicklungen beim Datenklau sind dabei eine Herausforderung.“ Julia Alber/amg

Schullerer
„Das Internet vergisst nichts“.

 

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Menschen an der Universität

Heinrich Schullerer geht nicht nur sorgsam mit den Daten anderer um, auch auf seine eigenen weiß der Datenschützer durchaus zu achten. Dem unikurier erzählt der 48-Jährige jedoch, dass er schon über 20 Jahre der Uni Stuttgart treu ist. 1987 kam er an das Rechenzentrum, um dort eine Ausbildung als mathematisch-technischer Assistent zu absolvieren, drei Jahre später wechselte er an den am Institut für Informatik angesiedelten Lehrstuhl für künstliche Intelligenz. Als Mitglied im Personalrat widmete sich Heinrich Schullerer besonders dem Arbeitnehmerdatenschutz, war als Sachverständiger gefragt und wurde 1998 Datenschutzbeauftragter der Uni Stuttgart. Vier Jahre später wurde er Leiter der neu gegründeten und an der Uni Stuttgart angesiedelten Zentralen Datenschutzstelle (ZENDAS) der Landesuniversitäten, und seit 2005 ist er behördlich bestellter Datenschutzbeauftragter der Uni. Abseits der Daten spielt Heinrich Schullerer Tischtennis, geht Bergwandern und hält sich beim Langstreckenlaufen fit. Im Fußballteam der Uni-Verwaltung bricht jedoch auch in der Freizeit sein „Schützerinstinkt“ durch – als Torwart. ja

 

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