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Stuttgarter Fachwissen für Megastädte in Südafrika und Äthiopien >>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>

Intakte Umwelt, sichere Energie

Jeder dritte Stadtbewohner weltweit hat nach Angaben der Vereinten Nationen (UN) keinen Zugang zu Strom und sauberem Wasser. Hinzu kommen stetig wachsende Müllberge. Vor allem in den Entwicklungsländern spitzt sich diese Situation zu. Für zwei afrikanische Ballungsgebiete, die Region Gauteng um Johannesburg sowie den Raum Addis Abeba, suchen Fachleute der Universität Stuttgart gemeinsam mit Kollegen aus Südafrika und Äthiopien nach Lösungen. Den Rahmen bildet das Programm „Megacities“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF). Nach zwei Jahren Planung begann für die Teilnehmer am 1. Juni ein neuer Abschnitt: Insgesamt 8,5 Millionen Euro vom BMBF ermöglichen es den Beteiligten, mit der Umsetzung ihrer Ideen zu starten.

Abfallentsorgung   Kollegin aus Jochannesburg   plaene

Im Rahmen des Programms „Megacities“ entwickeln Wissenschaftler der Uni Stuttgart gemeinsam mit Kollegen aus Johannesburg und Addis Abeba Konzepte für eine nachhaltige Abfall- und Ressourcenwirtschaft, gestalten energieeffiziente Siedlungen und untersuchen die Möglichkeiten einer sicheren Energieversorgung zum Kochen.                                                                                                                                                          

(Fotos: At-Verband, IER)

Weltweit gibt es 23 Megacities, also Städte mit mehr als 10 Millionen Einwohnern, und es werden immer mehr. Die meisten sind in den letzten Jahrzehnten in Entwicklungsländern entstanden. An sauberem Wasser, einer stabilen Energieversorgung und einem funktionierenden Entsorgungssystem mangelt es diesen Ländern oft heute schon. Die Städte aber wachsen unaufhaltsam weiter – und mit ihnen die Probleme.
Mit dem Programm „Megacities“ möchte das BMBF durch Fachwissen aus Deutschland helfen, die Entwicklung der Ballungsräume in für Mensch und Umwelt erträgliche Bahnen zu lenken. Zwei Institute der Universität Stuttgart sind mit Projekten daran beteiligt. Darin geht es einmal um den Aufbau einer nachhaltigen Energieversorgung in der südafrikanischen Region Gauteng mit den Städten Johannesburg, Ekurhuleni und Tshwane. In einem anderen Projekt soll mit Hilfe der Bevölkerung die Abfallwirtschaft der Hauptstadt Äthiopiens, Addis Abeba, verbessert und umweltfreundlicher werden. Das für
fünf Jahre kalkulierte Budget finanziert dabei nur die Kosten
der beiden deutschen Partner. Gauteng und Addis Abeba leisten ihren eigenen Beitrag.

Beuch in Witsands

Dr. Ulrich Fahl (IER, links) und Joachim von Zimmermann (Stadt Stuttgart) beim Besuch des Hausprojekts Atlantis/Witsands, einer energieeffizienten Siedlung, die ein Slum ersetzen soll.                              

(Foto: IER)

  Strom für alle…aber Sparen lernen
Elektrischer Strom statt Petroleumlampen hätte in Gauteng schon viele Brände in den Armenvierteln verhindert. Eine Mindestmenge Energie für jeden Einwohner, so lautet auch eines der Ziele der drei Stadtverwaltungen. Gemeinsam mit dem Institut für Energiewirtschaft und Rationelle Energieanwendung (IER) der Universität Stuttgart erarbeiten sie Pläne für eine effiziente und nachhaltige Energieversorgung. Der Projekttitel „EnerKey“ spiegelt den Gedanken wider, dass Energie ein entscheidender Schlüssel für die Stadtentwicklung ist. Prof. Alfred Voss, Leiter des IER, betonte während der Pressekonferenz zum Auftakt der zweiten Projektphase, wie eng verknüpft die Energieversorgung von Großstädten mit der Klimaproblematik sei. Das Projekt könne exemplarisch zeigen, dass Energieversorgung auch nachhaltig und umweltverträglich möglich sei. Dazu gehöre die integrierte Betrachtung aller Komponenten des Energiesystems: vom Kraftwerk über die Stromleitungen bis zu großen, energieverbrauchenden Gebäuden. Und dazu gehören Menschen, die mitmachen.
In Gauteng unterstützen neben den drei Stadtverwaltungen, den Universitäten von Johannesburg, Kapstadt und Pretoria auch zahlreiche Nichtregierungs-Organisationen (NGOs) und Partner aus der Industrie das Vorhaben. Mit ihren gezielten Aktionen versuchen sie, die Einwohner direkt zu erreichen und sie über den Sinn und die Möglichkeiten des Energiesparens aufzuklären. Laut Dr. Ludger Eltrop, Projektleiter am IER, sei zudem durch die energieintensive Industrie und die Stromerzeugung aus Kohle der Energieverbrauch pro Bruttosozialprodukt in Südafrika deutlich höher als in Europa.
Was das Einsparen angeht, bringen die Stuttgarter Partner mit dem Projekt Uhlandschule eigene Erfahrungen mit ein. Der Umbau der Schule in Stuttgart-Rot zu einer Plus-Energie-Schule, die mehr Energie produziert als verbraucht, wird nach intensiver Planungsphase baldmöglichst begonnen. Bei einem Workshop zum Thema „Kommunales Energiemanagement“ im November teilten zudem Experten vom Amt für Umweltschutz der Stadt Stuttgart ihre Erfahrungen mit den Kollegen in Gauteng.

Wertvoller Müll
Addis Abeba ist mit „nur“ drei Millionen Einwohnern im Vergleich zur Region Gauteng fast eine Kleinstadt. Ihre Bevölkerung steigt aber durch Landflucht und hohe Geburtenrate rapide an. Immer mehr Menschen auf engem Raum sind eine Herausforderung für die  Abfallentsorgung. Ohne ein funktionierendes System steigt die Krankheitsgefahr, die Umwelt leidet und es gehen kostbare Ressourcen verloren. Gemeinsam mit dem Institut für Siedlungswasserbau, Wassergüte- und Abfallwirtschaft (ISWA) der Universität Stuttgart geht die Stadt Addis Abeba dieses akute Problem im Rahmen des Projekts IGNIS an. Die Abkürzung steht kurz für „Nachhaltige Inwertsetzung von Siedlungsabfällen“. Dahinter steckt die Idee, dass Abfall durch Sortieren und effizientere Nutzung aufgewertet wird und sich Menschen damit ihren Lebensunterhalt verdienen können. Gleichzeitig soll auf diesem Weg die Umwelt entlastet werden.
Es fehle der Stadt die gesamte Infrastruktur zum Sammeln,
Verwerten und Beseitigen von Abfällen, berichtet Prof. Martin Kranert vom ISWA. Auch Daten zum Abfallstrom wären nicht vorhanden. Anders als in Deutschland gäbe es zudem kaum Gesetze, die bei nicht fachgerechter Entsorgung greifen würden. Ausbildungsberufe und -plätze im Bereich Entsorgung sind selten.
Die Umsetzungsphase beginnt zunächst mit dem Aufbau einer Datenbank zur Geographie, den Abfallströmen und zu Emissionen. Zusätzliches Material sollen Pilotprojekte im kleinen Maßstab liefern wie Kompostieranlagen, öffentliche Latrinen mit angeschlossener Biogasproduktion oder bewusste Mülltrennung und Recycling. Mit den gewonnenen Daten sollen später Szenarien für das System der Abfallwirtschaft von Addis Abeba, aber auch für andere Megastädte von morgen, simuliert werden.                                                                      Birgit Gebauer

KONTAKT
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Dr. Ludger Eltrop
Institut für Energiewirtschaft und Rationelle Energieanwendung
Tel. 0711/685-87816
e-mail: le@ier.uni-stuttgart.de
Prof. Martin Kranert
Institut für Siedlungswasserbau, Wassergüte- und
Abfallwirtschaft
Tel. 0711/685-65500
e-mail: martin.kranert@iswa.uni-stuttgart.de

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