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Forschungskooperation in Shanghai >>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>

Wasser des Jangtse im Visier

Die Umweltprobleme in China waren im Vorfeld der Olympischen Spiele in aller Munde, und der Mangel an sauberem Wasser ist eines der gravierendsten davon. Das Institut für Wasserbau untersucht nun im Rahmen einer Kooperation mit der Tongji-Universität in Shanghai, wie man Rückstände von Arzneimitteln und Kosmetika im Wasser nachverfolgen und eliminieren kann. Die Arbeiten sind Teil eines mehrstufigen wissenschaftlichen Austauschs mit der chinesischen Eliteuniversität.

Jangtse bei Shanghai  

Die Lage auf der Insel Chongming bei Shanghai im Mündungsgebiet des Jangtse-Flusses ist symptomatisch für die Wasserprobleme chinesischer Megacities. Die Ressourcen aus Grund- und Regenwasser sind knapp, also wird, um den Bedarf der explodierenden Metropolen zu decken, Wasser aus den Flüssen entnommen. Die aber ähneln allzu oft bunt schillernden Kloaken, in denen sich ungeklärte Abwässer aus Haushalten und der Industrie ebenso sammeln wie Einleitungen durch die Landwirtschaft oder Schiffstreibstoff. Welche Rolle pharmakologische und kosmetische Rückstände in diesem Giftcocktail spielen und welche Wechselwirkungen (Sorptionsverhalten) diese organischen Stoffe mit den Partikeln (Schwebstoffen) im Wasser beziehungsweise in den Sedimenten im Flussbett eingehen, ist nur unzureichend bekannt. Auch das biochemische Abbauverhalten muss noch erforscht werden.

 

 

Jangtse bei Shanghai: Ein deutsch-chinesisches Kooperationsprojekt will Pharma- und Kosmetikrückstände in dem stark belasteten Gewässer erforschen.  
(Foto: Nasa)

 

Seit der Inbetriebnahme des Drei-Schluchten-Staudamms im Jahr 2006 haben sich die Probleme in der Region trotz enormer Investitionen in den Bau von Kläranlagen noch verschärft. Zwar werden Schadstoffe durch die Staustufe zunächst einmal zurückgehalten. Zur Monsunzeit aber muss der Wasserspiegel des Reservoirs um etwa 30 Meter abgesenkt werden, damit genügend Stauraum für die Speicherung der Hochwasserspitze zur Verfügung steht. Dann werden die abgelagerten Sedimente in einem Schwung ausgespült und es kommt zu extremen Belastungsspitzen am Unterlauf des Flusses. Zudem sind die Stoffe in ihrem „Zwischenlager“ Gährungs- und anderen Veränderungsprozessen unterworfen. „Was dabei am Ende herauskommt und wo die Stoffe hingelangen, weiß keiner so recht“, erklärt Prof. Bernhard Westrich, Leiter der Versuchsanstalt für Wasserbau.
Eben solche Transferprozesse stehen im Mittelpunkt des Kooperations-Projektes, das nach strömungsmechanischen und biotechnologischen Möglichkeiten sucht, um die Stoffströme zu kontrollieren. Schadstoffbelastete Sedimentablagerungen (Immissionszonen) und deren Bedeutung für das Ökosystem sind vom Charakter des Flusses und den jeweiligen Strömungsverhältnissen abhängig. Die Wissenschaftler wollen die Transportwege numerisch modellieren und den Wechselwirkungen zwischen gelöster und schwebstoffgebundener Phase von Fremd- und Schadstoffen auf die Spur kommen. Neben der biochemischen Charakterisierung der Organika wird angestrebt, die Ausbreitungspfade und das Abbauverhalten ausgewählter Stoffe mit geeigneten numerischen Strömungs- und Transportmodellen zu beschreiben.

Bilaterale Forschungsreisen
Im Frühjahr 2009 wird eine erste deutsche Delegation nach Shanghai reisen, um sich mit der Qualität der Daten vor Ort vertraut zu machen. Im Gegenzug wird sich eine Staffel chinesischer Gastwissenschaftler nach Stuttgart aufmachen, um die hier entwickelten Methoden der Prozessmodellierung sowie analytische Verfahren kennen zu lernen. Unterstützt werden die Forschungsaufenthalte aus Mitteln des Deutschen Akademischen Austausch Dienstes (DAAD).
Vorausgegangen ist der Kooperation ein Forschungsaufenthalt der chinesischen Wissenschaftlerin Prof. Xuefei Zhou, die im Rahmen eines Austauschprogramms des Landes Baden-Württemberg mit sieben Top-Unis ein knappes Jahr lang am Institut für Wasserbau forschte. Die Chinesin untersuchte Stoffabbauprozesse in Bioreaktoren, wie sie in Kläranlagen gebaut werden, mit dem Ziel, deren Leistungsfähigkeit durch den Einsatz von dreidimensionalen numerischen Strömungsmodellen zu optimieren. Dies soll es ermöglichen, Schadstoffe vor der Einleitung in den Fluss zurückzuhalten und abzubauen.

Auch Forschungsergebnisse aus den mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung geförderten Projekten SEDYMO (Sedimentdynamik und Schadstoffmobilität in Flüssen) und RIMAX (Entwicklung von stofforientierten Bewirtschaftungskonzepten für Hochwasserrückhalteanlagen) am Institut für Wasserbau fließen in das Projekt ein. Gleichzeitig soll das Projekt in die Zukunft weisen: Gemeinsam mit den chinesischen Kollegen bereiten die Stuttgarter Wissenschaftler unter der Federführung des FZ Jülich ein Verbundprojekt vor, dass sich unter anderem mit den langfristigen Auswirkungen des Drei-Schluchten-Staudamms auf die Sediment – und Wasserqualität im Stausee sowie mit den Problemen des Sediment- und Stoffhaushalts im Unterlauf des Jangtse bis nach Shanghai und dem Jangtse Delta befasst.                                               amg

 

KONTAKT
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Prof. Bernhard Westrich
Institut für Wasserbau
Tel. 0711/685-64680
e-mail: bernhard.westrich@iws.uni-stuttgart.de

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