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Schnelldiagnostik bakterieller Harnwegsinfektionen >>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>

Nachweis in zwei bis drei Stunden

Harnwegsinfekte zählen in Deutschland zu den häufigsten Infektionen und gelten zudem als eine typische im Krankenhaus erworbene Erkrankung. Sie werden überwiegend von dem Bakterium Escherichia coli (E. coli) hervorgerufen. Eine Behandlung der Erkrankung mit Breitband-Antibiotika wird durch das zunehmende Auftreten von Antibiotika-Resistenzen erschwert. Um einem Therapieversagen sowie der Verbreitung von Resistenz vorzubeugen, ist es deshalb wichtig, vor Beginn der Therapie den Erreger und seine Eigenschaften zu bestimmen. Forscher des Instituts für Technische Biochemie der Universität Stuttgart entwickeln dazu ein schnelles, miniaturisiertes Nachweissystem.

Welcher Erreger die Infektion genau verursacht und ob er gegen Antibiotika resistent ist, lässt sich mit konventionellen, kulturbasierten Methoden frühestens nach 48 Stunden sagen. Da ein Therapiebeginn nicht so lange hinausgezögert werden kann und der ungezielte Einsatz von Breitband-Antibiotika wegen der sich verbreitenden Resistenzen ungeeignet ist, haben sich als Alternative genotypische Verfahren zur Bestimmung etabliert. Diese entwickeln die Stuttgarter Biochemiker nun im Rahmen des Verbundprojekts Path.Ident (Pathogen Identifizierung) gemeinsam mit Vertretern von Industrie und Forschung weiter. Sie streben damit eine Verkürzung der Analysezeit auf zwei bis drei Stunden an.

Kartuschen-System
Kartuschen-System zum Nachweis bakterieller Resistenzen. (Grafik: Institut)

Im Gegensatz zu kulturbasierten Methoden ließe sich dieses Diagnoseverfahren auch in ambulanten Arztpraxen etablieren. Das einfache und auch von weniger geschultem Personal zu bedienende Einwegsystem soll eine gezielte, rasche Therapieempfehlung ermöglichen. Es vereinigt zukünftig alle Prozessschritte von der Probenvorbereitung bis zur Analyse in einer Kartusche, besitzt eine hohe Sensitivität und ermöglicht eine zentrale Speicherung der Messwerte.

Die Bestimmung des Erregers erfolgt durch die Gene der ribosomalen RNA. Resistenzen von E. coli gegen das bei Harnwegsinfektionen bevorzugt eingesetzte Breitband-Antibiotikum Fluorochinolon werden durch den Nachweis von Punktmutationen in zwei Fluorochinolon-Zielenzymen überprüft, die meist eine Resistenz bei E. coli bedingen. Ein wichtiger Bestandteil der neuen Nachweismethode ist ein DNA-Mikroarray, der eine parallele Erfassung zahlreicher Parameter erlaubt. Zudem wird das gesamte System modular ausgelegt, so dass mit der gleichen Probe neben Urin auch andere Primärmaterialien wie Blut untersucht werden können. Das neue Konzept würde auch epidemiologische Fragestellungen beantworten, beispielsweise zum zugrunde liegenden Resistenzmechanismus, die zur Anpassung von Hygienemaßnahmen und einer adäquateren Therapie herangezogen werden könnten.

Bei 528.000 Krankenhausbetten in Deutschland ergibt sich allein für den klinischen Bereich ein jährlicher Bedarf von rund fünf Millionen Einheiten des Nachweissystems, den weit größeren ambulanten Bereich noch nicht mit eingerechnet. Die neue Diagnostik könnte mit dem gezielten Einsatz von Antibiotika die Behandlungskosten entscheidend verringern, Fehltherapien vermeiden und die Ausbreitung von Resistenzen eindämmen. ve

 

KONTAKT
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Prof. Rolf Schmid
Institut für Technische Biochemie
Tel. 0711/685-63193
e-mail: rolf.d.schmid@itb.uni-stuttgart.de

 

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