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Axel Kuhn hielt seine Abschiedsvorlesung >>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>

Zwischen Historie und Literatur

„Ich danke Ihnen, dass Sie so zahlreich erschienen sind und mir den Abschied erschweren“, erklärte Prof. Dr. Axel Kuhn sichtlich gerührt. Vor einem bis auf den letzten Platz besetzten Hörsaal hielt der Historiker am 17. April 2008 seine Abschiedsvorlesung. Nach fast 40 Jahren Lehre und Forschung in der Abteilung Neuere Geschichte des Historischen Instituts stieg er mit der Vorlesung „Hölderlin und die Revolution in Deutschland“ vom Katheder.

Pink Floyd, Werder Bremen und Friedrich Hölderlin sind nicht nur die Steckenpferde von Andreas Franck, der Figur aus dem Kriminalroman „Emerichs Nachlass“, sondern auch des Autors selbst. Der Professor für Neuere Geschichte an der Universität Stuttgart feierte mit diesem Krimi im Mai 2007 sein Debut. Durch akribische Quellenarbeit geht in diesem Roman der Stuttgarter Geschichtsprofessor Andreas Franck einem Mordfall nach. Der Historiker als Kriminalist – bei beiden ist die Quellenlage rar. Und anhand dieser müssen sie einen Sachverhalt so genau wie möglich rekonstruieren. „Das Vetorecht der Quelle“ lautete deshalb das Motto des Historikers, dem er bei seiner Arbeit in den vergangenen vier Jahrzehnten folgte.

Axel Kuhn
Axel Kuhn

Im Mittelpunkt von Axel Kuhns Forschungsarbeiten standen seit seiner Habilitationsschrift 1976 die Einflüsse der deutschen Demokratie unter dem Einfluss der französischen Revolution. Um Quellenbelege zu liefern, betrat er oft fremdes Territorium – vor allem das der Literatur. Im „schwierigen“ Dichter Hölderlin sah Axel Kuhn seine Herausforderung. „Hölderlin stand dreimal in seinem Leben im Umkreis von Bestrebungen“, so der Geschichtsprofessor, „die auch in Deutschland eine Revolution herbeiführen wollten, mit dem Ziel, die Fürstenherrschaft durch deutsche Republiken zu ersetzen“. Um diese These zu belegen, schöpfte Prof. Kuhn aus dem literarischen Werk seine Quellen, die neue und zum Teil spektakuläre Einblicke ins Werk des „dunklen“ Schwaben ermöglichen.

Im Roman Hyperion, im Drama Empedokles und in seinen Briefen und Gedichten - ständig klingt der Revolutionssympathisant Hölderlin mit an. Selbst im bekanntesten Hölderlin-Gedicht „Hälfte des Lebens“ fehlt es nicht an revolutionären Anspielungen. Das vielschichtige und wohl strukturierte Gedicht beschreibt unter anderm einen Prozess des Übergangs. Die Farbmetaphorik der ersten Strophe (Mit gelben Birnen hänget / Und voll mit wilden Rosen / Das Land in den See) lässt sich als die Fahne der Schwäbischen Republik deuten (Gelb, Rot, Blau) und die folgende Farbpalette (Schwäne, Küsse, Wasser, also Weiß, Rot, Blau) als Trikolore des Napoleonischen Frankreichs. Die Klage in der zweiten Strophe bezieht sich auf die verpasste Revolution. Sie sehnt sich aber auch französische, revolutionäre Verhältnisse im Südwesten Deutschlands herbei. Doch bekanntlich hat Hölderlin nie davon erfahren, denn die zweite Hälfte seines Lebens verbrachte er in Tübingen, in seinem Turm. Nikolaos Karatsioras

 

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