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Web 2.0-Technologien im Management des Unternehmenswandels >>>>>>>>>>>>>>>>>

Weder Fremdkörper noch Zauberformel

Ob Weblogs, Wikis, Social-Networking-Plattformen oder Podcasts: Neue web-basierte Medien sind dabei, nicht nur das operative Geschäft und die Kommunikationsstrukturen in und zwischen Unternehmen, sondern auch die strategischen Prozesse wie den Wettbewerb tiefgreifend zu beeinflussen. Ob die unter dem Stichwort Web 2.0 zusammengefassten Technologien auch einen grundlegenden Wandel in Unternehmen (Change-Prozesse) unterstützen können, untersuchte der Lehrstuhl für Organisation der Uni Stuttgart im Rahmen des Projektes Change 2.0.

Change-Prozesse in Unternehmen sind tiefgreifende Veränderungen und betreffen vornehmlich organisatorische Restrukturierungen, den Strategiewandel, die Neuordnung von Geschäftsprozessen und Leitbild-Projekte. Um das strategische Potenzial von Web 2.0 für das Management solcher Prozesse empirisch zu überprüfen, führten die Wissenschaftler unter Federführung von Prof. Michael Reiss eine Online-Expertenbefragung durch und organisierten einen virtuellen Erfahrungsaustausch auf einem Forschungsweblog. Befragt wurden Experten aus der Beratungsbranche, aus Wissenschaft und Forschung sowie aus der Industrie. Sie sollten das Anwendungs- und Nutzenpotenzial der neuen Medien einschätzen und ihre Erfahrungen bei deren Einsatz wiedergeben.

Die Ergebnisse zeigten zunächst, dass Web 2.0-Technologien im Change-Management bisher nur punktuell und versuchsweise zum Einsatz kommen. Für die Zukunft jedoch wird erwartet, dass die Verbreitung zunimmt und ein Stück weit Routine wird. Allerdings gibt es signifikante Unterschiede zwischen der Anwendungshäufigkeit der einzelnen Instrumente. So kommen Wikis, bei denen kooperativ an einer Problemstellung (zum Beispiel an Varianten der einzuführenden Organisationsformen für unterschiedliche Standorte) gearbeitet wird, trotz des hohen Aufwands für die Beteiligten vergleichsweise häufig zum Einsatz. Podcasts, etwa mit Statements des Top Managements im O-Ton, führen dagegen eher ein Schattendasein – obwohl die Beteiligten sie nur anhören müssten. Corporate Blogs schließlich, die in rund 40 Prozent der Fälle eingesetzt werden, schaffen eine Möglichkeit für Kommentierungen und damit für echte Zweiweg-Kommunikation. Auf diesem Weg erhält die Unternehmensleitung mit Hilfe desselben Mediums auch Informationen über Meinungen, Einstellungen, Befürchtungen und Verbesserungsvorschläge in der Belegschaft.

WeblogBlogs und andere Web 2.0-Technologien dürfte auch für die Begleitung grundlegender Wandlungsprozesse in Unternehmen künftig zum Routineinstrument werden. Weblog der Change Agent Group. (Screenshot: http://changeagentgroup.type.com/createvalueinnovation)

 

Mit Blick auf den Nutzen sind Web 2.0-Technologien für die Manager des Wandels weder die Zauberformel noch der „IT-Fremdkörper“ im Change-Instrumentarium. Vielmehr tragen Wikis, Blogs & Co. vor allem zu Verbesserungen bei den Change-Prozessen bei. Das gilt vor allem für den Wissensaustausch zwischen den Betroffenen und für die Intensität der Kommunikation. Die Kommunikationsintensität wird ihrerseits gefördert durch bessere Erreichbarkeit der Empfänger und höhere Aktualität der Informationen. Offensichtlich bestätigen die Expertenmeinungen hier die Stärken dieser auch als „Mitmach-Internet“ propagierten Technologien.

Besserer Ablauf, gleiches Ergebnis?
Während für das Management der Prozesse also durchaus Verbesserungen zu erwarten sind, sind die Experten in ihrer Erwartung auf bessere Ergebnisse deutlich vorsichtiger: Lernerfolge und Akzeptanz der Veränderung werden zwar in den Augen der Mehrheit positiv beeinflusst. Allerdings gibt es hier auch ein gerüttelt Maß an Skepsis. Knapp die Hälfte der Befragten befürchtet sogar, dass Web 2.0 möglicherweise ganz wirkungslos oder gar ein nicht zu unterschätzender Risikofaktor sein kann, weil die Betroffenen den Wandel dann noch weniger begreifen und akzeptieren. Bei der Gretchenfrage, ob sich das Change Management in Richtung „Change 2.0“ entwickelt, zeichnen denn auch mehrere grundlegende Erkenntnisse ab. So ist Web 2.0 sicher mehr als ein Medien-Spielzeug in den Händen von technikverliebten oder -affinen Projektleitern und Beratern. Vielmehr hat es den Charakter eines Werkzeugs für Change Manager, die auch das Potenzial neuer Instrumente nutzen wollen, um ihre herausfordernden Aufgaben im Change-Prozess besser zu erfüllen. Ferner macht es wenig Sinn, sich über die Verbreitung oder den Nutzen „des“ Web als monolithisches Technologiecluster Gedanken zu machen. Tatsächlich muss die Beurteilung auf der Ebene der einzelnen Instrumente ansetzen. Schließlich verdrängen einzelne Web 2.0-Tools keinesfalls die traditionellen Change-Instrumente, sondern bilden vielmehr eine Bereicherung des Werkzeugkastens. Es geht für die Personal- und Projektmanager also darum, den optimalen Instrumenten-Mix aus Präsenz des Top Managements, Workshops, Großveranstaltungen (Openspace-Events), E-Mail-Kommunikation, Blogs und Social Networking zu finden. Wichtig ist es dabei, konventionelle und elektronische Instrumente so zu kombinieren, dass die Kosten für die Implementierung und Wartung unter Kontrolle bleiben. Prof. Michael Reiss/amg

Kontakt
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Prof. Michael Reiss
Betriebswirtschaftliches Institut/ Lehrstuhl für Organisation
Tel. 0711/685-83175
Fax 0711/685-82764
e-mail: Lehrstuhl.Organisation@bwi.uni-stuttgart.de

>>>> http://www.change-zweinull.de

 

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