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Sozialwissenschaftler präsentieren Umfrage zur Reformpolitik >>>>>>>>>>>>>>>>>>>>

Vertrauen Mangelware

Im Rahmen eines von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projekts untersuchen Sozialwissenschaftler der Uni Stuttgart die Reformbereitschaft der Bevölkerung Deutschlands in den Bereichen Rente, Gesundheit und Familie. Die ersten Ergebnisse der bundesweiten repräsentativen Befragung stellten Prof. Oscar W. Gabriel und Eva-Maria Trüdinger vom Institut für Sozialwissenschaften am 26. März der Presse vor.

Starke Zweifel hegen die Deutschen hinsichtlich der Umsetzung der Reformen, sie haben wenig Vertrauen in die Akteure und auch deren Kompetenz sehen sie eher skeptisch, zeigt die im Dezember 2007 unter 1.800 Bundesbürgern durchgeführte Umfrage. „Das Reformwerk gestaltet sich für die politischen Akteure schwierig“, betont Oscar Gabriel. Die Befragten in den alten und neuen Bundesländern bewerten die Renten- und Gesundheitspolitik wie auch die Familienpolitik unterschiedlich – häufig knüpfen die Bürger im Osten Deutschlands höhere Erwartungen an das sozialpolitische Handeln. Und: „In den Augen der Bürger werden die Reformen auch nicht verständlich kommuniziert“, fügt Eva-Maria Trüdinger an.

 

Durchwachsenes Zeugnis: Ob die Reformen der Bundesregierung in die richtige Richtung gehen,
wird von der Bevölkerung je nach Politikfeld sehr unterschiedlich gesehen. (Grafik: Institut)

Diagramm

 

Den Einrichtungen und Personen des politischen Lebens vertrauen die Bürger in Bezug auf die Reformen des Sozialstaates tendenziell nicht. Das Bundesverfassungsgericht genießt das höchste Vertrauen, das geringste bringen die Befragten den Politikern entgegen, gefolgt von den Parteien. Wenn überhaupt, so wird im Westen die Union als die kompetenteste Partei für die Umsetzung der Reformen gesehen, im Osten rangieren CDU, SPD und die Linkspartei gleichauf, die allgemeine Skepsis ist jedoch durchweg groß. Während die Familienpolitik eher positiv betrachtet wird, finden rund zwei Drittel der Befragten, dass die Reformen im Bereich des Gesundheits- und Rentensystems in eine falsche Richtung gehen. Für die Renten, die gesundheitliche Versorgung und die Familie sollte der Staat mehr ausgeben, so die einhellige Forderung, die im Osten Deutschlands stärker vertreten wird als im Westen. Die Rente sehen 60 Prozent der Befragten im Westen beziehungsweise 70 Prozent im Osten als zu gering an, die Erhöhung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre wird abgelehnt – im Osten stärker noch als im Westen. Eine einheitliche Grundrente findet dagegen im Osten mehr Zustimmung als im Westen. Unter 65 Prozent der Eltern findet die Einführung des Elterngeldes Zuspruch und – Gabriel präsentiert eine überraschende Zahl – sogar 70 Prozent der Kinderlosen äußern sich positiv.

Die Gesellschaftsordnung – nicht gerade gerecht
Als Grundsätze, die bei den Reformen des sozialen Sicherungssystems eine Rolle spielen, stehen in Ost wie West die Wahrung des sozialen Friedens und die gerechte Verteilung der Lasten ganz vorn. Umgesetzt sehen die Befragten am ehesten den Grundsatz der Eigenverantwortung, am wenigsten den der gerechten Verteilung – in der Folge empfindet nur knapp ein Viertel die derzeitige Gesellschaftsordnung in Deutschland gerecht. Kritisch äußern sich die Bürger zu ihrer eigenen Absicherung. Während sich zwei Drittel im Krankheitsfall noch ausreichend abgesichert fühlen, glauben dies in Bezug auf ihr Einkommen im Alter nur ein Viertel. Noch schlechter fällt die Prognose hinsichtlich der Arbeitslosigkeit aus – weniger als zehn Prozent der Menschen im Osten Deutschlands glauben sich für diesen Fall ausreichend gesichert, im Westen weniger als 20 Prozent.

Zu den Ursachen dieses ersten Meinungsbildes, das teilweise große Uneinigkeit bei der Bewertung der verabschiedeten Reformen und zukünftiger Reformprojekte in den Bereichen Gesundheit, Rente und Familie zwischen Ost- und Westdeutschen aufzeigt, wird das Forscherteam weitere empirisch fundierte Ergebnisse liefern. Einen Zusammenhang zwischen der Reformbereitschaft der Bevölkerung und dem Vertrauen, das diese in die Kompetenz ihrer Politiker setzt, nachweisen zu können, würde Oscar Gabriel freuen. Julia Alber

KONTAKT
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Prof. Oscar W. Gabriel
Eva-Maria Trüdinger
Institut für Sozialwissenschaften
Abteilung Politische Systeme und Politische Soziologie
Tel. 0711/685-83430, -83668
e-mail: oscar.gabriel@sowi.uni-stuttgart.de
e-mail: eva-maria.truedinger@sowi.uni-stuttgart.de

 

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