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Photovoltaik - von der Grundlagenforschung in den Massenmarkt > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > >

Hauchdünne Weltrekordler

 

Seit etwa 35 Jahren erforscht das Institut für Physikalische Elektronik (IPE) Fragestellungen der Photovoltaik. Der Schwerpunkt liegt in der Entwicklung von Dünnschichtsolarzellen, zu deren Herstellung besonders wenig Material und Energie notwendig ist. Im weltweiten Wettbewerb um den höchsten Wirkungsgrad errangen die Stuttgarter Wissenschaftler mit ihren Zellen schon etliche Rekorde.

Die Photovoltaik, die direkte Umwandlung des Sonnenlichts in elektrische Energie, erzielt jährliche Wachstumsraten von 35 Prozent und wird eine wichtige Rolle in der Energieversorgung der Zukunft spielen. Unter den Weltmarktführern sind viele deutsche Firmen - eine Spitzenstellung, die Deutschland nur auf der Basis langjähriger Forschung und Ausbildung entsprechender Spezialisten erreichen konnte. Das IPE unter der Leitung von Prof. Jürgen Werner hat daran erheblichen Anteil. Das Institut arbeitet eng mit zahlreichen Photovoltaikfirmen zusammen, um die grundlegenden Forschungsergebnisse in bessere Produkte und kostengünstigeren Solarstrom zu übersetzen.

Prof. Wolfram Ressel (rechts) gratuliert dem neuen Ehrendoktor Reint de Boer
 

Dünnschichtsolarzelle

 
Prof. Wolfram Ressel (rechts) gratuliert dem neuen Ehrendoktor Reint de Boer

Immer dünner, immer effizienter: Am IPE entwickelte Dünnschichtsolarzelle.                                (Foto: Institut)

   Das „Arbeitspferd“ der Photovoltaik ist die Siliziumscheibe, einkristallin als Kristall gezogen oder multikristallin in Blöcke gegossen. Solche Siliziumscheiben werden die Photovoltaik noch lange dominieren, mit besserer Produktionstechnik, weniger Materialverbrauch und höheren Wirkungsgraden bei der Wandlung des Sonnenlichts. Dünnschichtsolarzellen haben heute erst einen Marktanteil von fünf Prozent. Die weltweiten Produktionskapazitäten werden jedoch rapide ausgebaut.

   Ihren Anfang nahm die Erfolgsgeschichte unter dem früheren Institutsleiter Prof. Werner Bloss, der die Photovoltaikforschung für einen terrestrischen Einsatz von Solarzellen begonnen hatte: Bereits vor mehr als 25 Jahren erreichte eine am IPE entwickelte Dünnschichtsolarzelle aus Kupfersulfid und Cadmiumsulfid fast die Produktionsreife. Viele der damaligen Erfahrungen flossen in die Entwicklung der Dünnschi.htmlodule aus Kupfer-Indium-Gallium-Diselenid (CIGS) ein, die die Firma Würth Solar seit 2001 in Marbach am Neckar und seit 2007 in Schwäbisch Hall produziert. Heute führt das 1987 auf Initiative von Prof. Bloss gegründete Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung die CIGS-Entwicklungen weiter.

Prof. Wolfram Ressel (rechts) gratuliert dem neuen Ehrendoktor Reint de Boer
 

Photovoltaikanlage der German University in Kairo

 
Prof. Wolfram Ressel (rechts) gratuliert dem neuen Ehrendoktor Reint de Boer

Die Photovoltaikanlage der German University in Kairo ist eine der Anlagen, in der das IPE die  Ertragsdaten verschiedener Modultechnologien erforscht.
                                                                           (Foto: Insitut)

   Die bescheidenen Anfänge auf kleiner Fläche setzten ein Kopf-an-Kopf-Rennen in Sachen Wirkungsgrad in Gang. Ein Meilenstein war ein Minimodul von zehn mal zehn Quadratzentimetern und einem Weltrekord-Wirkungsgrad von 13,9 Prozent im Jahr 1995. Zehn Jahre später erreichten die IPE-Zellen einen Wirkungsgrad von 19 Prozent und lagen damit nur 0,5 Punkte hinter denen des amtierenden Weltmeisters, dem National Renewable Energy Laboratory in Colorado. Seitdem konzentriert sich das IPE in der Photovoltaik ausschließlich auf Silizium, das in seiner amorphen Form seit 1982 ein Forschungsgegenstand am Institut ist. Am Photovoltaikmarkt konnte das wasserstoffhaltige amorphe Silizium die bewährten Siliziumscheiben zwar nicht ablösen, da die Rationalisierungsfortschritte der Scheibentechnologie die Kosten schneller senkten als die neue Dünnschichttechnologie. Flexible Solarmodule, die auch bei geringer Einstrahlung noch elektrische Leistung liefern, lassen sich dagegen nur aus der amorphen Variante herstellen. Solche Module können in Solarkleidung und Kleingeräte integriert werden und dienen beispielsweise der Energieversorgung von Mobiltelefonen, Navigationsgeräten oder MP3-Spielern.

   Auch einkristallines Silizium hoher elektronischer Qualität wird mechanisch flexibel, wenn es nur dünn genug ist. Mit einem am IPE entwickelten Transferverfahren gelingt es, dünne Schichten mit der halben Dicke eines menschlichen Haares (25 Mikrometer) von einer Siliziumscheibe abzulösen und damit einkristalline Dünnschichtsolarzellen herzustellen. Mit dieser Technologie und einem Wirkungsgrad von 16,6 Prozent hält das IPE seit dem Jahr 2001 den Weltrekord bei Silizium-Dünnschichtzellen. Jenseits der Rekorde zählt für den Photovoltaikmarkt die schrittweise Verbesserung der Produktionsausbeute, der Wirkungsgrade und der Herstellungsverfahren. Hier ersetzt die am IPE entwickelte Laserdotierung große Öfen und zeitaufwendige Hochtemperaturprozesse. Um den Ertrag und die Wirtschaftlichkeit von Photovoltaikanlagen besser prognostizieren zu können, untersucht das IPE zudem parallel an den Standorten Stuttgart, Nikosia und Kairo verschiedene Modultechnologien. Die Ertragsdaten dieser Anlagen liefern die Grundlage, um präzisere Modelle über die Chancen und Grenzen der verschiedenen Photovoltaiktechnologien zu erarbeiten. Für die Anlagenbetreiber zahlen sich solche Informationen in barer Münze aus.

Markus Schubert/amg

 

 

 

KONTAKT

 
                                                                

Dr.-Ing. Markus Schubert
Institut für Physikalische Elektronik
Tel. 0711/685-67145
Fax 0711/685-67143
e-mail: schubert@ipe.uni-stuttgart.de


   
 
 
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