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Stuttgarter unikurier Nr. 90 November 2002
Ringvorlesung zur Technikfolgenabschätzung:
Quo vadis e-Welt?
 

„Quo vadis e-Welt?“ lautete die Leitfrage einer Ringvorlesung zur Technikfolgenabschätzung, die das Institut für Arbeitswissenschaft und Technologiemanagement (IAT) der Universität Stuttgart in Zusammenarbeit mit dem Studium Generale im Sommersemester angeboten hatte. 

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„Wir bewegen uns immer mehr auf eine vernetze Welt zu“, sagte der erste Referent und Leiter der Ringvorlesung, Prof. Dr. Hans-Jörg Bullinger, der bisherige Leiter des IAT und des Stuttgarter Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation (IA0) und seit 1. Oktober dieses Jahres neuer Präsident der bundesweiten Fraunhofer-Gesellschaft. Mit der Frage „Quo vadis e-Welt?“ führte er die Zuhörer in die Forschungsansätze der Technikfolgenabschätzung ein und berichtete über die Entwicklung in den Bereichen e-learning, e-business und e-engineering. 

Die Arbeitswelt von morgen sieht anders aus 
„Die schöne neue e-Business-Welt - eine Option für kleine und mittelständische Unternehmen?“ Dr. Gerhard Fuchs von der Akademie für Technikfolgenabschätzung in Baden-Württemberg sieht die derzeitigen Chancen eher düster. Einige Punkte seiner Negativliste: schlechte Verkaufsergebnisse, keine Zielgruppenorientierung und zu wenig Beratung der Anbieter, was zur Unterschätzung des Aufwands führt. „Die Arbeitswelt von morgen wird sich erheblich von unseren heutigen Arbeitsformen unterscheiden“, war zentrale Aussage von Welf Schröter, Leiter des Forums Soziale Technikgestaltung beim DGB Landesbezirk Baden-Württemberg. In seinem Vortrag „Die digitale Kluft - Soziale Innovationen gegen eine Spaltung der Informationsgesellschaft“ zitierte er wissenschaftliche Untersuchungen, die mit einem Rückgang des Normalarbeitsverhältnisses auf knapp fünfzig Prozent innerhalb der nächsten zehn bis fünfzehn Jahre rechnen. Daher, so Schröter, seien soziale Standards für die neuen Selbstständigkeiten dringend erforderlich.

Einfacher und rascher mit dem Zusatz „e“?
Mit den Möglichkeiten und Vorteilen des e-engineering, wie vereinfachtem Datenaustausch, verkürzten Entwicklungszeiten, gesenkten Kosten, erhöhter Produktaktualität und -standardisierung, beschäftigten sich Alexander Slama, Competence Center Rapid Product Development, und Karin Auernhammer, IAO Stuttgart, in ihrem Vortrag „e-Engineering & Innovationsmanagement für die digitale Produktentwicklung.“ Antonino Ardilio, IAO Stuttgart, ging am Beispiel einer Injektionsspritze auf die digitale Ideengenerierung mit dem TechOptimizer ein. Vor 50 Jahren wurde diese Methode von Genrich Saulowitch Altschuller in der ehemaligen UdSSR konzipiert, um technisch-wissenschaftliche Probleme zu lösen.
„Vom Industrieroboter zum Personal Robot“. Martin Hägele vom Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA), Stuttgart, gab den Zuhörern der Ringvorlesung einen Einblick in die Jahrzehnte der Roboterentwicklung - von den ersten Industrierobotern bei Ford bis hin zu Helfern im Haushalt oder Operationssaal und auch die „Spielzeuge“ durften nicht fehlen: Roboterhunde und Humanoide. 

Glücklichere Online-Individuen?
Am Beispiel von „Open Source“ zeigte Holger Wolf, Linux Architecture and Performance IBM Lab Böblingen, „neue Konzepte der Softwareentwicklung“ auf, während sich Prof. Dr. Helmut Krcmar vom Institut für Betriebswirtschaftslehre der Universität Hohenheim mit „Virtuellen Gemeinschaften als Dienstleistungsangebot“ beschäftigte und das Verbundprojekt Cosmos vorstellte, bei dem schrittweise eine web-gestützte Community Plattform für Krebspatienten, Angehörige und Interessierte eingerichtet wird. Die Idee der Netzgemeinschaft ist so alt wie das Netz, sagte der Professor, und zitierte J.C.R. Licklider: „Das Leben wird für das Online-Individuum glücklicher sein, weil die Leute, mit denen man am meisten interagiert, nicht mehr durch die Zufälligkeiten des Nebeneinanders, sondern stärker durch den gemeinschaftlichen Bezug auf Interessen und Ziele bestimmt werden.“ 

„e-learning und e-teaching - Neue Anforderungen an das Bildungssystem“ hatte Prof. Dr. Peter Göhner, Leiter des Instituts für Automatisierungs- und Softwaretechnik (IAS) und Prorektor für Lehre und Weiterbildung der Universität Stuttgart, seinen Vortrag überschrieben, in dem er die Aus- und Weiterbildung von früher und heute verglich und die Vorteile der web-basierten wissenschaftlichen Aus- und Weiterbildung vorstellte.
Die Gefahren in der Datenverarbeitung sind nicht wahrnehmbar, deshalb existieren auch keine unmittelbaren Ängste und es wird nicht genügend zur Minimierung der Risiken getan, sagte Dr. Gerhard Kongehl, Professor für Datenschutz und Technologiefolgenabschätzung an der Fachhochschule Ulm und Vorsitzender des Berufsverbandes der Datenschutzbeauftragten Deutschlands in seinem Vortrag „Freiheit- Sicherheit - Datenschutz: Über die Möglichkeiten der Informationstechnik und die Rechte der Bürger.“ Zudem, so Kongehl, mangle es am Unrechtsbewusstein, denn „Informationen kann man nicht wegnehmen, nur jemandem mitteilen....“ 

Sicherheitsvorkehrungen für Software
Prof. Dr. Jochen Ludewig vom Institut für Informatik der Universität Stuttgart verglich die Software mit Röntgenstrahlen, deren Gefahren man auch erst spät erkannte. Sicherheitsvorkehrungen, wie sie zwischenzeitlich für den Umgang mit Röntgenstrahlen gefordert werden, vermisst er bei der Software schmerzlich. Dabei wäre ein richtiges Softwareengineering, so Ludewig in seinem Vortrag „Mächtige Hirngespinste: Was Software anrichtet und welchen Einfluss die Softwaretechnik zu nehmen sucht“, sehr wichtig. 

Julia Alber

 


last change: 25.11.02 / gh
Pressestelle der Universität Stuttgart

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