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Stuttgarter unikurier Nr. 90 November 2002
Erneut rund 10.000 Gäste beim Tag der offenen Tür:
Rennende Roboter und tanzende Moleküle
 

„Kybi“ wedelt mit dem Schwanz, dreht den Kopf nach dem roten Ball, den die kleine Jasmin gerade weggerollt hat und setzt sich dann langsam in Bewegung. So viel Publikum hat das mit kybernetischen Methoden programmierte, hundeähnliche Wesen üblicherweise nicht. Am Tag der offenen Tür der Universität Stuttgart, dem 22. Juni dieses Jahres, bildete es einen der zahlreichen attraktiven Anziehungspunkte für die Gäste. Rund 10.000 Besucherinnen und Besucher, darunter viele junge Leute, nutzten wieder die Gelegenheit, das Abenteuer Wissenschaft zu entdecken und sich zu informieren, was die Universität Stuttgart in Lehre und Forschung bietet.

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„Eigentlich ist es reine Spielerei“, erzählte Prof. Franz Allgöwer vom Institut für Systemtheorie technischer Prozesse, aber Spaß macht es schon, das kybernetische Wesen. Die Besucher staunten, was das im Rahmen von Doktor- und Diplomarbeiten alles kann. Um potenzielle Studierende auf das Fach Technische Kybernetik aufmerksam zu machen und die richtigen Studierenden für das Studium zu gewinnen, das viel Mathematik beinhaltet, veranstaltete das Institut ein Roboterrennen. Das bereits mit einem Preis bedachte, von der NaT-Working Initiative der Robert Bosch Stiftung geförderte Projekt (siehe auch unter Auszeichnungen, Ehrungen) lief in diesem Jahr zum zweiten Mal. Schüler der Klassen 10 bis 13 aus Gymnasien des Stuttgarter Raums und Studierende im zweiten Semester traten mit selbst gebauten und programmierten Lego-Robotern gegeneinander an, die eigenständig ihren Fahrweg erkennen, diesem folgen und nach dem Zieldurchlauf einparken mussten. Im letzten Jahr hatte ein Schülerteam gewonnen - es war sogar doppelt so schnell wie das beste Team der Studierenden. Über einen Mangel an Studierenden kann sich Franz Allgöwer nicht beklagen. Jährlich kommen weit über 100 Bewerbungen auf die rund 80 Studienplätze, die gute Zukunftschancen verheißen, denn „die Unternehmen reißen sich um unsere Absolventen“, berichtete er.

Vielseitiges Angebot 
Während die Roboter ihren Weg suchten, taten dies auch die Besucher - gab es doch hinter fast jeder Türe etwas zu entdecken. Da konnte man sich informieren, weshalb Lotusblätter nicht schmutzig werden oder zusehen, wie eine Strickmaschine Stirnbänder mit Uni-Logo webte. Bei den Chemikern durften schon die Kleinsten mit Farben experimentieren, Schwindelfreie wagten sich in den Kran bei den Bauingenieuren und ließen sich in die Höhe ziehen - wann sonst hat man schon Gelegenheit, den Uni-Campus aus der Vogelperspektive zu betrachten? Trotz des vielfältigen Angebots, ganz zu schweigen von kulinarischen Genüssen beim Sommerfest unter dem strahlend blauem Himmel, fanden doch auch immer wieder Jugendliche den Weg in die Hörsäle, um sich bei Einführungsveranstaltungen über das oder die Studienfächer zu informieren, die nach dem Abitur in die engere Wahl kommen sollten.

Sonderbeilage stimmte Gäste ein
Auch in diesem Jahr war es wieder gelungen, in Zusammenarbeit mit der Anzeigen- und der Beilagenredaktion der Stuttgarter Zeitung/ Stuttgarter Nachrichten eine Sonderbeilage im Vorfeld der Veranstaltung zu produzieren. Den inhaltlichen Rahmen der am 18. Juni erschienenen, achtseitigen Beilage bildeten diesmal das Projekt 100-online und weitere e-learning und Multimedia-Angebote der Uni Stuttgart (über diese Projekte berichten wir in der Rubrik „Studium & Lehre“). Bei einer verkauften Auflage von 203.100 Exemplaren hatte die Beilage eine Reichweite von rund 477.000 Leserinnen und Lesern. 

Wenn die Moleküle tanzen
Außerhalb des Zentrums wurde es etwas ruhiger. Doch im Cube des Rechenzentrum der Uni Stuttgart herrschte Andrang. Die Gäste konnten sich dort dreidimensional erscheinende Moleküle um die 
Ohren tanzen lassen. Eine Spezialbrille und eine Rechnerleistung von 1.000 herkömmlichen Computern machen täuschend echte 3-D-Animation in dem drei auf drei 
Meter großen Raum möglich. Vorgänge, die sich auf der molekularen Ebene abspielen, deren Modellierung und Simulation sowie letztendlich auch deren Gestaltung nehmen eine immer zentralere Rolle auch bei den Ingenieurwissenschaften ein, erklärte Prof. Hans Hasse vom Institut für Technische Thermodynamik und Thermische Verfahrenstechnik. Die 3-D-Animation im Cube vermittelt den Forschern detailliertere Vorstellungen über das, was sich auf molekularer Ebene, beispielsweise bei Gasen oder Flüssigkeiten, abspielt oder während den biologischen oder chemischen Reaktionen bei der Herstellung neuer Medikamente. „Im Gegensatz zu den Datenfriedhöfen auf Papier sieht man hier sofort die Fehler der Modellrechnung“, beschrieb Hans Hasse die Vorzüge dieser Technik. 

Neues Forschungsfeld der molekularen Simulationen
Ingenieur- und Naturwissenschaften rücken enger zusammen, erläuterte Prof. Hasse. Vor allem Verfahrensingenieure arbeiten an den Schnittstellen zwischen Ingenieur- und Naturwissenschaften: das Verständnis von Vorgängen auf der molekularen Ebene und deren Modellierung, Simulation und Gestaltung wird künftig in der High-Tech-Ingenieurausbildung wie etwa der Bio- und Nanotechnologie eine zentrale Rolle spielen. In den USA und in einigen europäischen Nachbarländern arbeiten Ingenieure schon seit längerem mit molekularen Methoden. In Deutschland besteht, wie Hasse hervorhob, auf dem Feld der molekularen Simulation Nachholbedarf. Wissenschaftler der Universität Stuttgart haben das Potenzial der molekularen Methoden bereits vor einigen Jahren erkannt und arbeiten innerhalb eines von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Sonderforschungsbereichs und in einem internationalen Forschungsschwerpunktprogramm an molekularen Simulationen. Der Stuttgarter Studiengang Verfahrenstechnik wird den neuen Anforderungen entsprechend umgestaltet. Die Universität Stuttgart nimmt in Deutschland auf diesem Gebiet eine Spitzenstellung ein. 

In knapp 12 Sekunden ins Ziel
Auf dem Rückweg noch ein Blick zu den Robotern: Im Hörsaal herrschte Bombenstimmung, die zehn Studenten- und elf Schülerteams haben sich einen harten Wettkampf geliefert und die rund 300 Zuschauer mitgerissen. Mit 11.835 Sekunden siegte das Studententeam 8 und konnte sich so den ersten Preis, Eintrittskarten für den „Tanz der Vampire“, sichern. Auf den zweiten Platz fuhr das Schülerteam vom Technischen Gymnasium aus Bietigheim-Bissingen mit gerade mal 13.323 Sekunden, dicht gefolgt vom Studententeam 4, dessen Roboter in 13.471 Sekunden sein Ziel fand. 

Natürlich ist ein Tag der offenen Tür viel zu wenig, um sich alles anzusehen, was die Universität Stuttgart zu bieten hat. Da ist es beruhigend zu wissen: Fortsetzung folgt im nächsten Jahr.

Julia Alber/zi

 


last change: 25.11.02 / gh
Pressestelle der Universität Stuttgart

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