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Stuttgarter unikurier Nr. 82/83 September 1999
Internationaler Metacomputing Workshop:
Rechnerressourcen weltweit koppeln
 

Zum zweiten internationalen Metacomputing Workshop hatte das Höchstleistungsrechenzentrum Stuttgart (HLRS) am 26. und 27. April ins Internationale Begegnungszentrum der Universität Stuttgart eingeladen. 40 Wissenschaftler aus Universitäten, Forschungseinrichtungen und Industrie sowie renommierter Softwarehäuser aus den USA, aus Japan und Europa diskutierten über die Möglichkeiten und die Bedeutung der Nutzung weltweit verteilter Rechnerressourcen.

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Der Begriff des Metacomputing ist seit etwa vier Jahren zu einem der wichtigsten Schlagworte im Bereich des Hochleistungsrechnens geworden. Im allgemeinen bezeichnet er die Kopplung von Rechnern und Geräten zur Schaffung eines Verbundes, der die Fähigkeiten jedes einzelnen Rechners bei weitem übersteigt. Auf diese Art und Weise können Probleme, die für einen einzelnen Rechner zu komplex sind, auf mehrere Rechner verteilt gelöst werden. Ein Beispiel dafür ist die Simulation des Wiedereintritts eines Raumgleiters in allen Details. Ein weiteres Anwendungsgebiet ist die Kopplung medizinischer Geräte mit einem Supercomputer, der die medizinischen Daten auswertet, und einem Visualisierungsrechner, der es den Medizinern erlaubt, sofort das Ergebnis der Untersuchung zu sehen.

Technische Simulationen erfolgreich
Das HLRS hat vor etwa drei Jahren erfolgreich begonnen, Metacomputing in der technischen Simulation einzusetzen. Entsprechend seiner Ausrichtung als Zentrum für technisch-wissenschaftliche Simulation konzentriert sich das HLRS dabei auf die Simulation sehr großer Probleme. Schon 1996 gelang es, die Rechner des Pittsburgh Supercomputing Center (PSC) und des HLRS zu koppeln. 1997 wurden erste erfolgreiche Simulationen durchgeführt. So wurde im Rahmen des SFB 259 (Hochtemperaturprobleme rückkehrfähiger Raumtransportsysteme) erstmals weltweit die Simulation eines Raumgleiters, verteilt auf zwei Rechnern der Cray T3E-Klasse, durchgeführt. Dieses Simulationsprojekt war erst mit Hilfe des Metacomputing realisierbar.
Beim diesjährigen Workshop stand die internationale Zusammenarbeit im Vordergrund. Dr. Sergiu Sanielevici vom PSC gab einen Überblick über die Aktivitäten in den USA und hob die Anstrengungen bei der Entwicklung verteilter Software hervor. So wird im Projekt GLOBUS versucht, einen Verbund von Supercomputerzentren zu schaffen, der dem Benutzer den beliebigen Zugriff auf verteilte Rechnerressourcen ermöglicht. Dr. Satoshi Sekiguchi vom Electrotechnical Laboratory des japanischen MITI gab Einblick in die Aktivitäten im Metacomputing in Japan. Besonders ging er auf das japanisch-amerikanische Projekt TransPAC ein. Im Rahmen dieses Projekts kooperieren Forschungseinrichtungen aus USA und Japan über eine eigene transpazifische Netzverbindung, die auf modernster Technik (ATM) basiert und die die Forschungsnetze in beiden Ländern mit einer Bandbreite von 70 Mbit/s verbindet.

Hervorragende Arbeit auch in Europa
Trotz intensiver Kooperation zwischen europäischen Forschungseinrichtungen einerseits ­ darunter auch dem HLRS in Stuttgart ­ und amerikanischen bzw. japanischen Einrichtungen andererseits sind vergleichbare große Projekte zwischen Europa und USA bzw. Europa und Japan in der Netztechnologie derzeit mangels Leitungskapazität nicht möglich. Daß in Europa dennoch hervorragende Arbeit geleistet wird, wurde im weiteren Verlauf des Workshops klar. Vor allem die vorgestellten deutschen Gigabit Testbed-Projekte gaben Einblick in die Entwicklung auf dem Gebiet der Netztechnologie und des Metacomputing in Deutschland. Weitere Beiträge aus Frankreich, den Niederlanden, England, Italien und Deutschland machten klar, wie stark gerade in Europa die Entwicklung von Software auf diesem Gebiet vorangetrieben wird. Besonders interessant für die Teilnehmer war das am HLRS entwickelte PACX-MPI. PACX-MPI erlaubt dem Benutzer erstmals, ein paralleles Programm ohne Änderung auf jedem beliebigen Verbund von Rechnern laufen zu lassen.
Erfreulich groß war auch das Interesse am industriellen Einsatz des Metacomputing. Die Firma VirCinity ­ ein Spin-Off des HLRS ­ stellte ihr Softwarepaket COVISE (Collaborative Visualization and Simulation Environment) vor. Aufbauend auf jahrelanger Erfahrung mit industriellen Partnern wird diese Software für den Einsatz von verteiltem Rechnen und Visualisierung im industriellen Umfeld erfolgreich vermarktet.

Bessere Nutzung verteilter Ressourcen
Die Sichtweise der DaimlerChrysler Aerospace (DASA) präsentierte Dr. Herbert Rieger. Aus seiner Sicht liegt der Nutzen des Metacomputings hauptsächlich im besseren Einsatz verteilter Ressourcen. Einsatzgebiete sind dabei vor allem gekoppelte Simulation. So kann etwa bei der Berechnung der Umströmung eines Flügels ein Softwarepaket für die Strömung auf einem Rechner laufen, während die entsprechende strukturmechanische Simulation auf einem zweiten Rechner abläuft. Metacomputing erlaubt es, die beiden Simulationen miteinander zu koppeln und so bessere und genauere Ergebnisse zu erzielen. Rieger verwies dabei auch auf die Bedeutung der Zusammenarbeit mit dem HLRS in europäischen Projekten. Im Rahmen des Projekts METODIS (Metacomputing Tools for Distributed Systems) sollen dabei erstmals realistische Szenarien aus dem Produktionsalltag in einer verteilten Rechnerumgebung simuliert werden.

KONTAKT
Hochleistungsrechenzentrum (HLRS), Allmandrind 30, 70569 Stuttgart, Tel. 0711/ 685-5719, -2504, Fax 0711/685-5391, -5738

 


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Pressestelle der Universität Stuttgart

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