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Noam Chomsky an der Uni Stuttgart   >>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>

Sprachgeheimnis um schwimmende Adler

Als Wissenschaftler revolutionierte er die Linguistik, als politischer Publizist geißelte er Profitinteressen und die Folgen der Globalisierung: Prof. Noam Chomsky vom Massachusetts Institut for Technology (MIT) Boston. Am 23. März, dem 110. Geburtstag Erich Fromms, erhielt der 81-jährige Philosoph und Linguist im Stuttgarter Neuen Schloss den Erich Fromm-Preis verliehen. Die Internationale Erich-Fromm-Gesellschaft würdigt mit dem Preis das Lebenswerk Chomskys, vor allem aber sein von öffentlichen Meinungen unabhängiges politisches Urteil. Auf Einladung des Instituts für Linguistik hielt der Ausnahmewissenschaftler am Folgetag an der Uni Stuttgart einen sprachwissenschaftlichen Vortrag mit dem Titel „Restricting stipulations: consequences and challenges".

Ganze Studentengenerationen verschiedenster Fachrichtungen hat Noam Chomsky mit seinen Thesen auf Trab gehalten, und so reichte das Besucherspektrum im voll besetzen Hörsaal 17.01 von der flippigen Nachwuchs-Linguistin bis zum ergrauten Geschäftsmann, der sich für die Vormittagsveranstaltung eigens ein paar Stunden frei genommen hat. „Chomsky ist der weltweit meist zitierte Wissenschaftler überhaupt, auch jenseits seines Fachbereichs“, betonte die Prorektorin für Forschung und Technologie, Prof. Sabine Laschat bei der Begrüßung. Dass er mit klaren Worten nicht spart, hatte Chomsky schon beim Festakt im Neuen Schloss unter Beweis gestellt. Dort hielt er eine Lesung mit dem Titel „Die böse Geißel des Terrorismus – Realität, Konstruktion, Abhilfe“ und blieb dabei seinem Ruf als „Chefankläger der USA“ einmal mehr treu. Im Hörsaal nun, so der Wunsch von Prof. Artemis Alexiadou, auf deren Einladung Chomsky zu seiner ersten Lesung an die Uni Stuttgart gekommen war, sollte die Sprachwissenschaft im Vordergrund stehen.

Prof. Chomsky Zentrales liturgisches Konzept
Chomsky selbst hielt sich an diese Vorgabe. Thema seines Vortrags war ein zentrales linguistisches Konzept, die Phrasenstrukturgrammatik. In diesem Modell werden Sätze einer Sprache in hierarchisch gegliederte, linguistisch relevante Einheiten, so genannte Konstituente, unterteilt. Die Phrasenstruktur hat aus linguistischer Sicht unterschiedliche Bedeutungen: Wenn Menschen einen Satz produzieren, dann bringen sie im allgemeinen Phrase für Phrase hervor, und sie neigen dazu, an den Grenzen zwischen größeren phrasalen Einheiten inne zu halten. Wenn man die Struktur eines Satzes analysiert, kann außerdem seine Mehrdeutigkeit offengelegt werden.
Am Beispiel der Frage „Can eagles that fly swim?“, erläuterte Chomsky, wie Sprachstrukturen interpretiert werden und zu welchen Missverständnissen es dabei kommen kann - ein Thema, das auch im Zentrum des von Prof. Alexiadou geleiteten Sonderforschungsbereichs „Inkrementelle Spezifikation im Kontext“ steht. Ausgangspunk ist dabei, dass auf jeder Ebene der linguistischen Analyse mit unvollständiger beziehungsweise mehrdeutiger Information umgegangen werden muss. Die Wissenschaftler fragen zum einen, wie fehlende Information ergänzt beziehungsweise die Ausdrücke, in denen Information fehlt, interpretiert werden. Zum anderen geht es darum, wie der Mensch aus zwei oder mehr Bedeutungsalternativen die richtige auswählt und wie diese Prozesse in Regeln formalisiert und statistisch modelliert werden können.
Prof. Noam Chomsky.
(Foto: Internationale Erich Fromm-Gesellschaft)

Keine trockene Theorie
Wer bei Chomskys Ausführungen trockene Theorie erwartete, der wurde eines Besseren belehrt. Ganz locker und durchaus unterhaltsam sprach der Gelehrte über Sprachfiguren und Grammatik, Syntax und Semantik, als handele es sich bei der komplexen Materie um eine Frühstücksplauderei. Immer wieder schloss er seine Gedanken mit einem augenzwinkernden „It’s quite easy“ ab – und hatte damit die Lacher im Publikum konsequent auf seiner Seite. amg

 

KONTAKT
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Prof. Artemis Alexiadou
Institut für Linguistik: Anglistik
Tel. 0711/685-83121
e-mail: artemis@ifla.uni-stuttgart.de