|
|
Neues Forschungszentrum für Photonische Technologien „SCoPE“>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>>
Vom ultraschnellen Quantencomputer bis
zur photonischen Maschine
Im „Stuttgart Research Center of Photonic Engineering“ (Scope)
werden Physiker und Ingenieure aus acht Instituten der Universität
Stuttgart ihre Zusammenarbeit auf den Gebieten der Photonik, Optoelektronik
und Technischen Optik vertiefen und verstärkt mit der Industrie
kooperieren. Am 26. November wurde das Forschungszentrum für
Photonische Technologien offiziell eröffnet. Das Themenspektrum
reicht von neuen optischen Materialien über metallische Nanopartikel,
das Schalten mit Licht, ultraschneller Nanooptik und Atomoptik
in Wellenleitern bis zu Halbleiter-Quantenpunkten, neuartigen Lichtquellen
oder der Optimierung von Nano-Antennen. Der unikurier stellt einige
Projekte vor.
Mit Scope wird die Forschungs- und Entwicklungskette von den photonischen
Grundlagen hin zu innovativen Entwicklungen und Anwendungen in
der Industrie geschlossen – und damit die Sichtbarkeit und
Exzellenz des Standorts Stuttgart in den Photonischen Technologien
gesteigert, wie Uni-Rektor Prof. Wolfram Ressel betonte. „Man
muss schon lange suchen, um in Deutschland einen vergleichbaren
Standort zu finden, an dem nahezu alle photonischen Komponenten
und Technologien vorhanden sind, gepaart mit dem Prozesswissen
für die industrielle Anwendungen“, sagt Scope-Sprecher
Prof. Wolfgang Osten, Leiter des Instituts für Technische
Optik.
Zusammengefunden haben in Scope das 1., 4. sowie 5. Physikalische
Institut, das Institut für Halbleiteroptik und Funktionelle
Grenzflächen, das Institut für Elektrische und Optische
Nachrichtentechnik, der Lehrstuhl für Bildschirmtechnik sowie
das Institut für Technische Optik und das Institut für
Strahlwerkzeuge. Zentrale Forschungsziele sind unter anderem die
Entwicklung hochintegrierter photonischer Chips, neue photonische
Sensoren und Lichtquellen. Auf eine Zukunftsvision verwies Prof.
Harald Giessen, der zweite Sprecher von Scope und Leiter des 4.
Physikalischen Instituts: die „photonische Maschine“.
In dieser wird mit Hilfe von Laserlicht ein Werkstück komplett
berührungsfrei bearbeitet werden können.
Quantencomputer, aktive Mikrooptiken und das Netz der Zukunft
Zusammen mit Kollegen vom 4. Physikalischen Institut und dem Lehrstuhl
für Bildschirmtechnik ist Prof. Tilman Pfau, Leiter des 5. Physikalischen
Instituts, dem Quantencomputer auf der Spur. Die endgültige Realisierung
eines solchen äußerst schnell und effizient arbeitenden Rechners
ist allerdings noch ein gutes Stück Zukunftsmusik. Ein wichtiger Schritt
dahin ist die Entwicklung von Einzelphotonenlichtquellen. Diese Lichtquellen
werden in der Quantenkryptographie benötigt, einer Verschlüsselungstechnik,
die auf der Basis einzelner Photonen eine abhörsichere Datenkommunikation
zu realisieren versucht. Im Rahmen des Scope-Projekts „Quantum devices
based on Rydberg excitation on Microcells“ arbeiten die Stuttgarter
Wissenschaftler auf diese Ziele hin, indem sie sogenannte Quantennetzwerke
aufbauen.„Statt klassischer Bits kommen dabei Quantenbits, auch Qubits
genannt, zum Einsatz“, erklärt Pfau. Diese erlauben es, Informationen
und Rechnungen effizienter durchzuführen als herkömmliche Systeme,
da sie nicht, wie die Bits, nur in den Zuständen 0 und 1 vorliegen,
sondern auch in Überlagerungen davon.Beim Einsatz von Qubits gibt
es allerdings ein großes Problem: Damit die atomaren Systeme mit
ihrer Umgebung nicht in Wechselwirkung treten, müssen sie isoliert
werden, und das ist bislang nur recht aufwendig bei sehr tiefen Temperaturen
möglich. |
|
|
|
|
|
|
|
Hochangeregte Rydbergatome in mikroskopischen
Glaszellen bilden die Basis für mögliche neuartige Quantenbauelemente
wie Einzelphotonenquellen.
(Foto: 5. Physikalisches Institut) |
|
|
Aktuell stehen im Forschungsfokus von Pfau und seinen
Kollegen daher „Isolierungsmethoden“ bei Normaltemperatur. Ähnlich
zu den Ansätzen aus der Bildschirmtechnik ist es ihnen schon gelungen,
Atome zwischen zwei Glasplatten mit einem Abstand von einem Mikrometer einzusperren
und deren Kopplung ans Glas zu reduzieren.*)
|
|
„Aktive Mikrooptik zur ortsaufgelösten Steuerung
des Polarisationszustandes“, oder kurz „Amipola“, heißt
ein Scope-Projekt, in dem das Institut für Technische Optik (ITO)
und das Institut für Halbleiteroptik und Funktionelle Grenzflächen
(IHFG) zusammenfinden. Die Partner wollen die Grundlagen für die Entwicklung
neuartiger aktiver Mikrooptiken erarbeiten, die es erlauben, den Polarisationszustand
einfallenden Lichts ortsaufgelöst zu steuern. Frederik Schaal, als
Doktorand am ITO in das Projekt mit eingebunden, erklärt: „Durch
spezielle diffraktive Optiken, die am ITO erstellt werden, trifft das Laserlicht
auf eine chemische Schicht, beispielsweise ein Polymer.Diese richtet sich
dann je nach Lichtintensität aus, und es kommt zur Änderung des
Polarisationszustandes.“ Zur geringen „Größe“ dieser
Mikrooptiken kommt eine weitere Besonderheit: Dank mehrerer Lichtquellen,
so genannter VCSEL (Vertical-Cavity-Emitting Laser), und mehrerer Optiken
soll ein Wechsel zwischen verschiedenen Polarisationsmustern möglich
werden.Anwendung
finden könnten die im Rahmen von „Amipola“ entwickelten Optik-Komponenten
einmal in der Materialprüfung (Spannungsanalyse), in der optischen Sensorik
und Laserstrahlformung oder zur Unterdrückung von Streulicht. |
Rot emittierender VCSEL bei 660 Nanometern ( Foto:
IHFG) |
|
Stauvermeidung auf der Datenautobahn
Auf der Datenautobahn herrscht Hochbetrieb. Damit es in den Glasfaserkabeln,
dem Rückgrat unseres globalen Informationsnetzes, nicht zum Stau kommt,
gilt es, immer mehr Informationen in kürzerer Zeit zu übertragen. „Neue
Modulationsverfahren sind Thema auf allen Konferenzen, wenn es um das Netz
der Zukunft geht“, erklärt Dr. Wolfgang Vogel vom Institut für
Elektrische und Optische Nachrichtentechnik. Zusammen mit Kollegen vom 4.
Physikalischen Institut, dem Institut für Technische Optik und dem Institut
für Strahlwerkzeuge arbeitet er am Scope-Projekt „Integrierte
Wellenleiter auf Silizium für photonische Schaltkreise“.
Statt ultrakurzer Lichtblitze, wie sie bislang zur Informationsübertragung
genutzt werden, setzen die Forscher auf die sogenannte Phasenmodulation.
In Form von Sinus- und Cosinuswellen codieren sie die durch die Glasfaserkabel
sausenden Informationen. Damit der Empfänger diese schließlich
als Helligkeitsunterschiede registrieren und wieder in elektrische Signale
umwandeln kann, werden die Wellen vor dem Ziel mittels eines Interferometers
getrennt und nach einer genau ausgeklügelten Strecke wieder zusammengeführt:
Trifft nun Wellenberg auf Wellenberg, entspricht dies „Licht an“,
Wellenberg auf Wellental bedeutet „Licht aus“. Damit könnte
eine Datenübertragung von 100 Gigabit pro Sekunde realisiert werden,
deutlich mehr als die derzeit maximal 40 Gigabit pro Sekunde und Kanal
auf den schnellen transatlantischen Verbindungen. Bei der Entwicklung der
nur Mikrometer großen Wellenleiter auf einem Siliziumchip, der alle
Bauteile vereint und daher auf störanfällige Verbindungen verzichten
kann, weiß Wolfgang Vogel die Zusammenarbeit von Physikern, Elektro-
und Nachrichtentechnikern zu schätzen: „Jeder ist Fachmann auf
seinem Gebiet, und gerade das zeichnet Scope aus.“ |
|
|
|
Lichtmikroskopische Aufnahme von Silizium-Wellenleitern
mit integrierten photonischen Kristallen (Foto:
INT) |
Als Industrie-Partner hat Scope unter anderem schon Zeiss, Trumpf, Bosch und
Alcatel gewonnen. Und auch für den Nachwuchs wird gesorgt. „Ein
interdisziplinärer Master-Studiengang ‚Photonic Engineering’ ist
geplant“, sagt Prof. Manfred Berroth, Prorektor Struktur der Uni Stuttgart
und Leiter des Instituts für Elektrische und Optische Nachrichtentechnik.
Zudem wird es eine Zusammenarbeit mit der Karlsruhe School of Photonics des
KIT geben. Scope wird zunächst über vier Jahre aus Mitteln der Uni
Stuttgart in Höhe von jährlich 150.000 Euro gefördert. Mit 100.000
Euro pro Jahr soll eine Junior-Professur „Physikalische Optik“ eingerichtet
werden. Julia
Alber
*) Über die Arbeit berichtete die Fachzeitschrift „Nature Photonics“ in
ihrer Ausgabe vom 10. Januar: Harald Kübler, James P. Shaffer, Thomas
Baluktsian, Robert Löw, Tilman Pfau: Coherent excitation of Rydberg atoms
in micrometre-sized atomic vapour cells, http://arXiv.org/abs/0908.0275.
KONTAKT
_________________________________
Prof. Wolfgang Osten
Institut für Technische Optik
Tel. 0711/685-66074
e-mail: osten@ito.uni-stuttgart.de
>>>> http://www.scope.uni-stuttgart.de/
|
|