Der Europäische Forschungsrat (European Research Council, ERC) fördert bahnbrechende und visionäre Forschung und richtet sich an exzellente Forschende in verschiedenen Karrierestufen. ERC-Grants haben sich als ein Markenzeichen für die internationale Wettbewerbsfähigkeit einer Hochschule etabliert. Eine ganze Reihe an Wissenschaftlern der Universität Stuttgart sind Träger der mit bis zu 2,5 Millionen Euro dotierten Auszeichnung.
Starting Grants
Prof. Oliver Röhrle
Institut für Mechanik
Projekt: Biomechanische Forschung für bessere Beinprothesen (2012 – 2017)
Mit dem ERC Starting Grant intensivierte Oliver Röhrle als Nachwuchswissenschaftler seine Arbeiten im Bereich
der Modellierung von Bewegungsabläufen bei Patienten, deren Bein über dem Knie amputiert wurde. Das Forschungsgebiet ist eine Schnittstelle von Mechanik, Mathematik, Physiologie und Medizin. „Der ERC Starting Grant war eine tolle Bestätigung meiner Forschungsarbeiten. Die Fördergelder haben mir geholfen, meine Biomechanik-Forschungsgruppe auch langfristig hervorragend aufzustellen.“
Consolidator Grants
Prof. Hans Peter Büchler
3. Institut für Theoretische Physik
Projekt: Wechselwirkung zwischen Lichtteilchen (2016 – 2021)
Für viele Anwendungen der Quantentechnologie wäre es hilfreich, eine kontrollierte Wechselwirkung zwischen einzelnen Photonen zu erreichen. Hans Peter Büchler untersucht entsprechende Methoden. Ausgangspunkt ist das Phänomen von langsamem Licht, bei dem durch geeignete Wechselwirkung mit Atomen die Lichtteilchen eine große Beimischung des elektronisch angeregten Zustandes bekommen. Sind diese Rydberg Zustände gegeben, führt die starke Wechselwirkung zwischen Rydberg Atomen wiederum zu einer Wechselwirkung zwischen den Photonen.
Prof. Johannes Kästner
Institut für Theoretische Chemie
Projekt: Quantenmechanischer Tunneleffekt (2015 – 2020)
Mithilfe von Simulationen untersucht Johannes Kästner den quantenmechanischen Tunneleffekt von Atomen. Dieser lässt einige chemische Reaktionen bei niedrigen Temperaturen schneller ablaufen und ermöglicht Reaktionen im eiskalten Weltraum. „Mich fasziniert der Tunneleffekt schon seit Jahren", sagt der geborene Wiener, der im Exzellenzcluster Simulation Technology (SimTech) der Universität Stuttgart forscht. „Dank der Förderung durch die EU kann ich diesen Effekt umfangreich untersuchen. Zudem konnte ich meine Forschungsgruppe deutlich vergrößern.“
Advanced Grants
Prof. Peer Fischer
Institut für Physikalische Chemie / MaxPlanck Institut für Intelligente Systeme
Projekt "Holographic acoustic assembly and manipulation“ (2018 – 2023)
Ultraschall, der sich im Wasser mit einer Wellenlänge von wenigen hundert Mikrometern ausbreitet, wird in der medizinischen Bildgebung erfolgreich eingesetzt und kann zum Einfangen und zur Manipulation von Mikropartikeln und Zellen eingesetzt werden. Peer Fischer und sein Team wollen mithilfe von Schallwellen aus Mikropartikeln und Zellen Strukturen bis hin zu ganzen Organoiden erzeugen einfach und viel schneller als im 3D-Druck.
Prof. Harald Giessen
4. Physikalisches Institut
Projekt: Plasmonik am ultimativen Limit (2013 – 2018)
Dank metallischer Nanostrukturen kann Licht mithilfe von Nanoantennen auf kleinste Dimensionen konzentriert werden – viel kleiner als die Lichtwellenlänge. Dies hat zu neuen Effekten bei der Licht-Materie-Wechselwirkung geführt, zum Beispiel bei der Sensorik. Harald Giessen untersucht die ultimativen Limits dieser Wechselwirkungen. Damit will er eine Brücke schlagen zwischen Grundlagenforschung und möglichen Anwendungen sowie zwischen den Disziplinen Physik, Chemie und molekularer Biologie.
Prof. Tilman Pfau
5. Physikalisches Institut
Projekt: Wechselwirkungen in Quantengasen (2011 – 2016)
Quantensysteme mit langreichweitigen Wechselwirkungen ermöglichen neuartige Zustände der Materie so
wie neue Quantenbauelemente wie zum Beispiel integrierbare und skalierbare Einzelphotonenquellen und Sensoren. Tilman Pfau und sein Team untersuchten neuartige Quantenflüssigkeiten sowie hoch empfindliche Quantensensoren für Mikrowellen und Spurengase. Sie konnten zeigen, dass auch Atome aufeinander so empfindlich reagieren, dass sie sich über einen Abstand von einem Mikrometer spüren. Das hat zur Demonstration einer Einzelphotonenquelle bei Raumtemperatur geführt.
Prof. Hans Joachim Werner
Institut für Theoretische Chemie
Projekt: Quantenmechanische Simulationen von Molekülen und chemischen Reaktionen (2013 – 2018)
Hans Joachim Werner und sein Team haben im Rahmen des Projekts neue Methoden und umfangreiche Computerprogramme zur Berechnung der Elektronenstruktur von großen Molekülen entwickelt. Ausgehend von den grundlegenden physikalischen Gesetzen und Naturkonstanten, können damit chemische und physikalische Eigenschaften von Molekülen vorhergesagt werden, ohne empirische Informationen zu verwenden.
Prof. Jörg Wrachtrup
3. Physikalisches Institut
Projekte:
Quantentechnologie mit Elektrospins (2011 – 2016)
Abbildung elektrischer Felder einzelmolekularer Ladungen mit Quantensensoren (2017 – 2022)
Jörg Wrachtrup und sein Team haben in dem ERC Advanced Grant aus dem Jahr 2011 die Nutzung atomarer Defekte in Diamanten für die Quantentechnologie erforscht. Dabei ist es ihnen gelungen, mit Quantensensoren neue Empfindlichkeitsrekorde aufzustellen – auch unter Umgebungsbedingungen. „Mit dem zweiten Grant 2017 möchte ich zeigen, wie man mithilfe von Quantensensoren elektrische Felder mit bisher unerreichter Empfi ndlichkeit und räumlicher Auflösung und damit zum Beispiel einzelne elektrische Ladungen verfolgen kann. Besonders freue ich mich über einen zusätzlichen Proof-of-Concept Grant, mit dem ich einige Ideen in die Anwendungen überführen kann.“
Ausgeschiedene ERC-Preisträger
- Prof. Clemens Bechinger (jetzt Universität Konstanz)
Projekt: Verhalten kolloidaler Teilchen (2016 – 2021) - Prof. Lapo Bogani (jetzt University of Oxford)
Projekt: Optical Quantum Control of Magnetic Molecules (2014 – 2018) - Prof. Albrecht Schmidt (jetzt LMU München)
Projekt: Digitale Erweiterung der menschlichen Sinne (2016 – 2021)