Windkraftanlagen und Lärm

April 13, 2016, Nr. 025

Projektverbund TremAc erforscht Zusammenhänge von Schall und Erschütterungen bei Windkraftanlagen

Windenergie soll einen entscheidenden Anteil am erneuerbaren Energiemix der Zukunft haben. Doch viele Anwohner von Windparks klagen über Lärmbelästigungen. Der bundesweite Projektverbund TremAc, an dem auch zwei Institute der Universität Stuttgart beteiligt sind, will die Planung, Entwicklung und Akzeptanz von Windkraftanlagen verbessern und objektive Kriterien für deren Emissionen entwickeln. Hierfür erforschen die Experten das Zusammenwirken akustischer und seismischer Schwingungen von Windkraftanlagen und planen, ein Rechenmodell zu erstellen, das beide Emissionen abbildet.

Im Projektverbund TremAc (Objektive Kriterien zu Erschütterungs- und Schallemissionen durch Windenergieanlagen im Binnenland) soll eine einzige Modellierungskette die Rechenmodelle für alle schwingenden Anlagenteile und die Umgebung zusammenführen, also drehende Rotorblätter, Triebstrang, Gondelaufhängung und Turmstruktur, Fundament und Baugrund mit verschiedenen topographischen Geländeformen sowie Luft bis hin zu nahe gelegenen Wohngebäuden und Arbeitsstätten.

Die Wissenschaftler wollen Schwingungen, die sich in der Atmosphäre als akustische und zugleich im Untergrund als seismische Wellen ausbreiten, an einer einzelnen Windenergieanlage und in einem Windpark messen und die Rechenmodelle damit validieren. Parallel dazu sollen Anwohner mit Hilfe umweltmedizinischer und –psychologischer Fragebögen interviewt und subjektiv empfundene Beschwerden mit objektiven Messungen in Gebäuden in Beziehung gesetzt werden.

Die Emission und Wahrnehmung von Geräuschen einerseits und Erschütterungen andererseits ist bislang zumeist isoliert betrachtet worden. Dies greift jedoch zu kurz, um zu verstehen, warum Anwohner über Belästigungen durch Windkraftanlagen klagen, auch wenn die vorgeschriebenen Pegelwerte eingehalten werden und Menschen physiologisch gar nichts mehr hören dürften. Deshalb will das Projekt TremAc nun insbesondere die Wechselwirkungen zwischen Luftschall und Körperschall untersuchen.

Seitens der Universität Stuttgart wird der Stuttgarter Lehrstuhl für Windenergie die Gesamtanlage modellieren und die Schwingungen an der Anlage simulieren, die als Körperschall in die Erde weitergegeben werden. Das Institut für Aerodynamik und Gasdynamik beschäftigt sich mit den aeroakustischen Aspekten, also den aerodynamischen Geräuschen. Darüber hinaus werden verschiedene Konfigurationen und geräuschvermindernde Maßnahmen untersucht,  um für die zukünftigen Anlagen eine Lärmreduktion zu erreichen.

Die im Rahmen des Projektes zu entwickelnden, gekoppelten Rechenmodelle sollen helfen, Emissionen von geplanten Windkraftanlagen besser zu prognostizieren und in Abhängigkeit von Anlagenleistung, Entfernung zur Wohnbebauung und Topographie realistische Grenzwerte zu definieren und kontinuierlich zu überprüfen. Zudem wollen die Ingenieure die Wechselwirkungen zwischen einzelnen Anlagenkomponenten unter die Lupe nehmen, die Ursachen für die Emissionsorte erkunden und technische Lösungen zur Minimierung des Körper- oder Luftschalls entwickeln. Nicht zuletzt sollen durch die Zusammenarbeit von ingenieurtechnischen und humanwissen-schaftlichen Experten die Beurteilungskriterien objektiviert werden.

Der Forschungsverbund TremAc (Objektive Kriterien zu Erschütterungs- und Schallemissionen durch Windenergieanlagen im Binnenland) wurde initiiert vom süddeutschen Forschungscluster WindForS. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie fördert ihn von 2016 bis 2019 mit rund 1,85 Millionen Euro. Partner sind das Karlsruher Institut für Technologie, die Universität Stuttgart, die Technische Universität  München, die Universität Bielefeld, die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und die Firma Mesh Engineering in Stuttgart. Hersteller und Betreiber von Windkraftanlagen sollen den Verbund ergänzen.

Mehr zum Projekt TremAc: windfors.de/tremac.html

Verbundpartner im Einzelnen:

Institut für Bodenmechanik und Felsmechanik (IBF), Geophysikalisches Institut (GPI), Versuchsanstalt für Stahl, Holz und Steine (VAKA) des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT), Stuttgarter Lehrstuhl für Windenergie (SWE) und Institut für Aerodynamik und Gasdynamik (IAG) der Universität Stuttgart, Lehrstuhl für Windenergie an der Technischen Universität  München (TUM), Fakultät Gesundheitswissenschaften der Universität Bielefeld, Arbeitsgruppe Umwelt- und Gesundheitspsychologie des Instituts für Psychologie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg,  Firma Mesh Engineering in Stuttgart.

Kontakt

Dr. Hans-Herwig Geyer, Leiter Hochschulkommunikation und Pressesprecher, Telefon 0711 685-82555, E-Mail
Andrea Mayer-Grenu, Wissenschaftsreferentin, Telefon 0711 685-82176, E-Mail

Im Projektverbund TremAc soll eine einzige Modellierungskette für die schwingenden Teile von Windkraftanlagen und deren Umgebung entwickelt werden. (Foto: Universität Stuttgart/IAG).
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