Symbolische Darstellung einer experimentellen Bilderserie, die Elektronenemission aus einem Nanofokus von 60 nm bei 800 nm Anregungswellenlänge zu verschiedenen Zeiten zeigt.

Rekord-Kompression von sichtbarem Licht beobachtet

16. August 2017, Nr. 071

Nachweis gelang dank extrem glatter Goldfilme
[Bild: Universität Stuttgart / 4. Physikalisches Institut]

Forschende der Universität Stuttgart konnten in Zusammenarbeit mit Gruppen an der Universität Duisburg-Essen und am Technion in Haifa auf ultraglatten Goldschichten erstmals eine extreme Kompression des sichtbaren Lichts nachweisen. Dieser Effekt war bisher nur theoretisch vorhergesagt und von einer technischen Nutzung weit entfernt. Durch die Beobachtung eröffnen sich nun unter anderem neue Möglichkeiten im Bereich der hoch auflösenden Mikroskopie. Die Arbeit wurde jüngst in der Fachzeitschrift Science Advances publiziert.

Licht wird durch seine Frequenz und seine Wellenlänge charakterisiert. Die Frequenz gibt an, wie oft das elektromagnetische Feld pro Sekunde hin- und herschwingt, und die Wellenlänge, die für sichtbares Licht zwischen 400 und 800 Nanometern (Millionstel Millimetern) liegt, misst den Abstand zwischen zwei Wellenbergen.

Normalerweise sind Frequenz und Wellenlänge direkt miteinander verknüpft, denn ihr Produkt ergibt gerade die Lichtgeschwindigkeit im Vakuum. Auf Metalloberflächen jedoch kann dieser Zusammenhang aufgebrochen werden. Hier ist es nämlich möglich, mithilfe frei schwingender Elektronen so genannte Oberflächenplasmonen zu erzeugen, die eine wesentlich kürzere Wellenlänge als das eingestrahlte Licht besitzen. Das elektrische Feld des Lichtes kann die Elektronen auf der Oberfläche in Bewegung versetzen, so dass diese sich ähnlich wie Wasserwellen in dichteren und dünneren Zonen auf der Metalloberfläche konzentrieren.

Wie bei Wasser, wo der Abstand der Wellen von der Tiefe des Wassers abhängt, kann man diesen Effekt auch bei Metalloberflächen ausnutzen, wenn man die Dicke des Metalls geeignet variiert. So kann bei einer Metallschicht von etwa 20 Nanometern Dicke, die auf eine Siliziumoberfläche aufgebracht ist, sichtbares Licht leicht um einen Faktor 5 oder mehr in seiner Wellenlänge zusammengequetscht werden.

Symbolische Darstellung einer experimentellen Bilderserie, die Elektronenemission aus einem Nanofokus von 60 nm bei 800 nm Anregungswellenlänge zu verschiedenen Zeiten zeigt.
Symbolische Darstellung einer experimentellen Bilderserie, die Elektronenemission aus einem Nanofokus von 60 nm bei 800 nm Anregungswellenlänge zu verschiedenen Zeiten zeigt.

Brennpunkt von nur 60 Nanometern

Dieser theoretisch vorhergesagte Effekt war bisher nur sehr schwer im Experiment zu beobachten und von einer technischen Nutzbarmachung weit entfernt. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Stuttgart, Duisburg und Haifa konnten den experimentellen Nachweis jetzt erbringen und sogar Zeitlupen-Filme aufnehmen. Die Bilder zeigen in Schritten von weniger als einer Femtosekunde die Ausbreitung der Wellen und die Bildung eines Nano-Brennpunktes von nur 60 Nanometern, und das bei einer Anregungs-Lichtwellenlänge von 800 Nanometern. Der Nano-Fokus ist also kleiner als ein Zehntel der Lichtwellenlänge – bisher erreichbar war nur die halbe Lichtwellenlänge.

Experimentell gemessene Bilder der Elektronenemission aus einer atomar glatten, kristallinen Goldschicht, die mit 800 nm Laserpulsen angeregt wurde.
Experimentell gemessene Bilder der Elektronenemission aus einer atomar glatten, kristallinen Goldschicht, die mit 800 nm Laserpulsen angeregt wurde.

Neue Methode zur Herstellung extrem glatter Goldfilme

Der experimentelle Nachweis war bisher auch deshalb so schwierig, weil solch dünne Metalloberflächen in der benötigten Güte nur sehr schwer herzustellen sind. Dies liegt daran, dass sich beim Bedampfen der Oberfläche kleinste Metallkörner und Kristallite bilden, deren Rauigkeit die Wellenausbreitung stört. Ein Schlüssel des Experimentes war denn auch die Entdeckung einer neuen Methode, um atomar glatte, mehrere Mikrometer große und monokristalline Goldoberflächen von einstellbarer Dicke auf extrem glatten Siliziumoberflächen herzustellen. Diese Goldfilme mit ultimativer Oberflächenqualität und Güte waren die Voraussetzung, um mit einem Femtosekunden-Laser und mit Hilfe der Photoelektron-Emissionsmikrosopie (PEEM) die Oberflächen-Plasmonenwellen beobachten zu können.

Das neue Verfahren eignet sich dazu, extrem kleine Brennpunkte von Lichtwellen herzustellen, die innerhalb von kürzester Zeit viele Elektronen aussenden. Solche Spots lassen sich sehr zielgenau einsetzen, mit vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten im physikalischen und technischen Bereich. Denkbar sind zum Beispiel Abbildungen mit höherer Auflösung als bisher, nichtlineare Mikroskopie, nichtlineare Belichtung von Photolacken im Nahfeld, Hitze-assistierte Magnetdatenspeicherung oder auch die Elektronenmikroskopie mit höchster Zeitauflösung sowie optische Bauteile für Computer.

Fachlicher Kontakt:

Prof. Dr. Harald Giessen, Dr. Bettina Frank, Universität Stuttgart, 4. Physikalisches Institut, Tel. +49 711 6856 -5111, -5109, E-Mail: giessen@physik.uni-stuttgart.de, b.frank@pi4.uni-stuttgart.de

*Originalpublikation:

B. Frank, P. Kahl, D. Podbiel, G. Spektor, M. Orenstein, L. Fu, T. Weiss, M. Horn-von Hoegen, T. J. Davis, F.-J. Meyer zu Heringdorf, and H. Giessen: Short-range Surface Plasmonics: Localized Electron Emission Dynamics from a 60 nm Spot on Atomically Flat Single Crystalline Gold. Science Advances 3, e1700721 (2017),

DOI: https://doi.org/10.1126/sciadv.1700721

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