Institut für Mikrobiologie

Professor Dr. Beat Christen leitet das IMB. Ein Rundgang durch das Team, die Forschung und den Standort.

Institut, Forschung und Lehre

Das Institut für Mikrobiologie steht seit Juni 2023 unter der Leitung von Professor Dr. Beat Christen. Arbeitsgruppenleiter sind apl. Prof. Dr. Andreas Stolz, apl. Prof. Dr. Dieter Jendrossek und Dr. Jung-Won Youn.

Aufgaben des Instituts in der Forschung

Ein Schwerpunkt der Forschungsinteressen des Instituts liegt auf den Stoffwechselleistungen von Mikroorganismen zur Gewinnung von niedermolekularen Wertstoffen (aromatische Aminosäuren und weitere Derivate aus dem Shikimisäureweg, Vitamine, Zucker und Oligosaccharide) und von asymmetrischen Bausteinen für organische Synthesen, die durch chemische Synthesen schwer zugänglich sind. Wir untersuchen zudem den Auf- und Abbau von Biopolymeren (Polyhydroxybuttersäure, Polyphosphat, Kautschuk) und die Rolle von Granula (aus Polyhydroxybuttersäure bzw. Polyphosphaten) in der Zellbiologie von Bakterien.

Enzyme, die C-C-Bindungen knüpfen und spalten (Aldolasen/Transaldolasen, thiaminabhängige Lyasen wie Transketolase oder MenD) werden verwendet um interessante neue Verbindungen herzustellen. Neben in vitro-Untersuchungen werden auch diese Enzyme für Biotransformationen mit ganzen Zellen eingesetzt.

Die Untersuchung von Struktur-Funktionsbeziehungen ist ein gemeinsames Interesse aller untersuchten Enzymen (dazu gehören auch verschiedene Dioxygenasen, mikrobielle Nitrilasen und Nitrilhydratasen), die zur stereoselektiven Synthese von Wertstoffen Verwendung finden können.

Zu unserem Methodenspektrum gehören die Klonierung, Überexpression und gezielte Mutagenese von mikrobiellen Genen, die Reinigung und funktionelle Charakterisierung von Enzymen, sowie die Analytik von Metaboliten durch moderne Chromatographie-Methoden (GC, DC, FPLC und HPLC).

Synthese von Feinchemikalien und Metabolic Grafting bei Escherichia coli; C-C-Bindungen knüpfende Enzyme

Mit dem molekulargenetisch sehr gut untersuchten Mikroorganismus Escherichia coli sind durch gezielte Veränderungen im genetischen und Stoffwechselrepertoire des Bakteriums (Metabolic Grafting) bereits erhebliche Fortschritte in der Herstellung aromatischer Aminosäuren (z.B. L-Phenylalanin, L-Tryptophan) erzielt worden. Neben der Glukose werden dabei als C-Quellen auch Glyzerin und Roh-Glyzerin (Koppelprodukt aus der Biodieselproduktion) als nachwachsende Rohstoffe verwendet.  So wurden im Rahmen eines Projekts der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU)  E. coli-Stämme für die Gewinnung von L-Phenylalanin aus Glyzerin bzw. Rohglyzerin optimiert (Gottlieb et al. 2014). Diese Arbeiten wurden in Kooperation mit Prof. Dr.-Ing. Dirk Weuster-Botz (TU München in Garching) im Rahmen eines DFG-Projektes fortgesetzt, wobei sich der Schwerpunkt auf die Untersuchung von Perturbationsexperimenen mit Produktionsstämmen in Kurzzeitfermentationen verlagerte. Die E. coli –Produzentenstämme wurden dazu weiter optimiert und Limitationen der Glyzerinverwendung wurden untersucht (Weiner et al. 2014a,b,c; Weiner et al. 2015, Weiner et al. 2016). Der Einfluss der Zufütterung von Phosphoenolpyruvat (PEP) auf die Produktbildung wurde durch die Verwendungen eines PEP-Aufnahmesystems (UhpTD388C) untersucht (Albermann et al. 2014). Mit der AG Prof. Wittmann (jetzt Universität des Saarlandes) wurden E. coli-Stämme mit verbesserter Bereitstellung von L-Tryptophan für die Biosynthese von Violacein erstellt (Rodrigues et al. 2013). Seit neuem bearbeiten wir auch das für seine Aminosäureproduktion bekannte  Corynebacterium glutamicum.

Die Arbeiten zur Biosynthese aromatischer Aminosäuren und anderer Derivate der Chorisminsäure (Shikimisäure-Biosyntheseweg) führten zur mikrobiellen Gewinnung verschiedener Feinchemikalien. In Kooperation mit der Arbeitsgruppe von Prof. Michael Müller (Universität Freiburg) wurden so bisher nicht zugängliche Bausteine für organisch-chemische Synthesen verfügbar gemacht, wie z.B. die Transdiole 2,3-Dihydro-dihydroxy-Cyclohexadien-Carboxylat (2,3-CHD) und 3,4-Transdiol (3,4-CHD) (Franke et al. 2003a,b; Sprenger 2007 ) sowie das entsprechende Aminocyclitol 3,4-CHA (Bongaerts et al. 2011). Derzeit werden Arbeiten im Rahmen einer DFG-Forschergruppe (For1296) zu Thiamin-abhängigen Enzymen durchgeführt. Ziel ist die Verwendung des ungewöhnlichen Enzymes MenD, das in einer Stetter-ähnlichen Reaktion C-C-Bindungen knüpfen kann (1,2- bzw. 1,4-Addition) und damit den Zugang zu einer breiten Palette von Produkten ermöglicht (Kurutsch et al. 2009; Müller et al. 2013).

Im Rahmen eines abgeschlossenen Projekts des DFG-Sonderforschungsbereichs SFB 706 - in Kooperation mit der AG von Prof. Matthias Reuss (IBVT)-  wurden E. coli-Stämme erhalten, die durch Expression von Genen aus photosynthetischen Organismen in der Lage sind, die Vitamin E-Verbindung d-Tocotrienol zu erzeugen (Albermann et al. 2008, Ghanegaonkar et al. 2012) bzw. die Carotinoid-Verbindungen Lycopin oder  Astaxanthin (Albermann et al. 2010; Lemuth et al. 2011, Laschat et al. 2013).

In einem DFG-geförderten Projekt (Schwerpunktprogramm SPP1170) suchten wir -nach Sättigungsmutagenese an ausgewählten Positionen- nach Varianten des Enzyms Transaldolase B von E. coli, die neue Reaktionseigenschaften aufweisen. So konnten wir zeigen, dass ein einzelner Aminosäureaustausch (Phe178>Tyr) im aktiven Zentrum des E. coli-Enzyms zu einer neuen Eigenschaft führt und die Bildung von Fruktose-6-Phosphat aus Dihydroxyaceton und D-Glycerinaldehyd-3-Phosphat ermöglicht (Schneider et al. 2008); eine Folgemutante kann mit verbesserter Affinität die Substrate Dihydroxyaceton und D-Glycerinaldehyd umsetzen (Schneider et al. 2010). In einem DFG-geförderten Nachfolgeprojekt (Dr. Anne Samland) wurde der Reaktionsmechanismus der Transaldolase-Reaktion -in Kooperation mit den langjährigen Kooperationspartnern Prof. Gunter Schneider und Dr. Tatjana Sandalova (Karolinska-Institut, Stockholm)- auf detailliertem Niveau untersucht (Stellmacher et al. 2015). Interessanterweise wurde ein neuartiger Inhibitor (Tagatose-6-Phosphat) entdeckt, der Enzyme mit Fruktose-6-Phosphat-Aldolase-Aktivität irreversibel hemmt in dem der aktive Lysinrest des Enzyms eine kovalente Bindung mit dem Inhibitor eingeht (Stellmacher et al. 2016).

In Zusammenarbeit mit europäischen Partnern (Prof. WD Fessner, TU Darmstadt; Prof. M Lemaire, Clermont-Ferrand & Prof. P Clapés, CSIC Barcelona) konnte die Verwendung des Enzyms Fruktose-6-Phosphat-Aldolase FSAA aus E. coli bzw. von Transaldolase B und ihren Varianten für chemo-enzymatische Synthesen von Zuckern und Zuckeranaloga gezeigt werden (Schürmann & Sprenger 2001; Castillo et al. 2006, 2010; Rale et al. 2011; Samland et al. 2011; Samland & Sprenger 2015).

Nachdem wir die Bildung von 2´-Fucosyllactose mit rekombinanten E. coli-Zellen zeigen konnten (> 20g/L im fed-batch-Fermenter mit Laktose-Zufütterung; Baumgärtner et al. 2013), wurden in einem von der Baden-Württemberg-Stiftung geförderten Projekt (GlycoBiotech, Dr. Christoph Albermann) E. coli-Zellen gewonnen, die längere Oligosaccharide wie Lacto-N-triose oder Lacto-N-tetraose (Baumgärtner et al. 2014, Baumgärtner et al. 2015a) bzw. fucosylierte Derivate der Lacto-tetraose (Baumgärtner et al. 2015b) davon zu bilden. Diese Oligosaccharide kommen auch in der Muttermilch, nicht aber in der Kuhmilch vor. Es gelang  uns in guter Ausbeute ins Kulturmedium ausscheiden.

In einem Projekt des DFG-Schwerpunktprogramms InKomBio wurden in Kooperation mit der AG Prof. Sawodny (ISYS) und der Prof. Bossert (Universität Ulm) E. coli-Mutanten in Chemostaten untersucht, die durch evolutive Adaptation gewonnen worden waren (Feuer et al. 2008). Gemeinsam mit den Modellierern und Nachrichtentechnikern wurden dabei u.a. die Evolution des Netzwerks von Transkriptionsfaktoren untersucht (Feuer et al. 2012).

Im Rahmen eines BMBF-geförderten e-bio-Projekts (RecOgNiCe) untersuchen wir gemeinsam mit Partnern der Universität Stuttgart (Prof. Takors IBVT, Prof. Sawodny ISYS) und der Universität Tübingen die Regulation des C-, N- und O-Stoffwechsels von Escherichia coli. Wir steuern dazu verschiedene Reporterstämme (chromosomale lacZ-Fusionen, gfp/rfp-Varianten) und Mutanten mit Defekten in wichtigen globalen Regulationskreisläufen (rpoS, cra, crp, arcA etc.) .  (Zur Arbeitsgruppe)

In der Arbeitsgruppe von apl. Prof. Jendrossek werden schwerpunktmäßig drei Themenkomplexe behandelt: (i) der Metabolismus von Polyhydroxybuttersäure (PHB) in Bakterien bildet den Forschungsschwerpunkt. Hierbei werden die biochemischen Grundlagen des extrazellularen Abbaus und der intrazellulären Wiederverwertung des Speicherstoffes PHB ergründet. Dabei stehen PHB- Depolymerasen im Vordergrund. Mit Hilfe dieser Enzyme ist es möglich, (R)-3-Hydroxybuttersäiure enantiomerenrein aus einfachen Ausgangsstoffen (Glucose) herzustellen. Seit kurzem wird auch die Biogenese von PHB-Granula in vivo thematisiert. (ii) In einem zweiten Forschungsgebiet wird die enzymatische Spaltung von Kautschuk (Poly-cis-1,4-isopren) durch eine bakterielle Dihäm-Dioxygenase (rubber oxygenase RoxA) bzw. das Latex Clearing Protein (Lcp) untersucht. (iii) Im dritten Forschungsgebiet wird die Rolle von Polyphosphaten und ihre Wechselwirkung mit dem PHB-Stoffwechsel in Ralstonia eutropha untersucht. (Zur Arbeitsgruppe)

In der Arbeitsgruppe von apl. Prof. Andreas Stolz erfolgen Arbeiten zur Charakterisierung und Modifizierung von ringspaltenden Dioxygenasen, die eine essentielle Bedeutung im Abbau aromatischer Verbindungen besitzen. Ein weiteres aktuelles Arbeitsgebiet besteht in der Anwendung und Charakterisierung Nitrile hydrolysierender Mikroorganismen und Enzyme, die vielfältige Anwendungsmöglichkeiten in der Biotechnologie aufweisen. Hierbei werden durch gezielte Veränderungen Mutanten mit veränderten Substratspezifitäten und Enantioselektivitäten generiert sowie versucht, durch Kombination rekombinanter Gene aus verschiedenen Organismen neuartige Biokatalysatoren zu erzeugen. (Zur Arbeitsgruppe)

Wir haben rege Kooperationen und Austausche mit in- und ausländischen Arbeitsgruppen (u.a. Universität Hohenheim, TU München, TU Darmstadt, Universität Freiburg, Universität des Saarlandes, CSIC Barcelona, Université Blaise Pascal in Clermont-Ferrand, Karolinska Institutet u.a.) sowie mit Anwendungs-orientierten Firmen.  

Das Institut ist maßgebend am Lehrangebot des BSc- und MSc-Studiengangs Technische Biologie der Fakultät Energie-, Verfahrens- und Biotechnik beteiligt. Zum Lehrangebot für die Technische Biologie gehören, u.a., Vorlesungen zur Mikrobiologie  und Mikrobiellen Biotechnologie (Module Technische Biologie I ,III und IV, Modul Spezielle Mikrobiologie und Mikrobielle Biotechnologie) im Bachelorstudium.  Als laborpraktische Übungen werden ein Mikrobiologischer Grundkurs (nach dem 3. Semester BSc-Studium) sowie Fortgeschrittenenpraktika im Bachelorstudium (4. Semester Mikrobielle Enzyme in Biosynthesen, und 5. Semester Mikrobielle Biotechnologie für BSc und MSc-Studierende) angeboten. Wir sind beteiligte an den Modulen Bioanalytik I und II (Vorlesung und Laborpraktika). Neben Seminaren zu den Praktika, einem Literaturseminar zu aktuellen Gebieten der Mikrobiologie wird das  Mikrobiologische Seminar mit Gastvorträgen und Berichten aus laufenden Bachelor- und Masterarbeiten, sowie Doktorarbeiten am Institut durchgeführt.

Unsere Lehre

Im Jahr 2015 habilitierten sich Frau Dr. Anne Samland und Herr Dr. Christoph Albermann aus unserem Institut.

Apparative Ausstattung zur Kultivierung von Mikroorganismen, Analyse von Stoffwechselaktivitäten und Produkten (GC, HPLC) sowie zur Enzymreinigung und Charakterisierung (FPLC, Äkta, uv/vis-Spektrophotometer, Fluoreszenzphotometer). Ausstattung für molekulargenetisches Arbeiten (PCR) und zur konfokalen Laserfluoreszenzmikroskopie.

Industrieunternehmen und bioorganisch orientierte Synthesechemiker, die an neuartigen, präparativen Zugängen zu Feinchemikalien interessiert sind.

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