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Neue Schaltmöglichkeiten für nanoelektronische und nanomagnetische Bauelemente   > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > > >
Diamanten für die Quantentechnik

Nicht nur Juwelenliebhaber zieht der Diamant in seinen Bann. Auch die Wissenschaftler des 3. Physikalischen Instituts der Universität Stuttgart sind von der funkelnden Materie fasziniert. Während ein Diamant als Schmuckstein jedoch nicht rein genug sein kann, hat die Arbeitsgruppe um Prof. Jörg Wrachtrup bestimmte Verunreinigungen im Visier.

Schematische Darstellung von zwei einzelnen Elektronenspins in Diamant  

Schematische Darstellung von zwei einzelnen Elektronenspins in Diamant, deren Wechselwirkung über die damit verbundene Fluoreszenz gemessen wird (roter Pfeil).            (Foto: 3. Physikalisches Institut)

Künftige nanoelektronische und nanomagnetische Bauelemente werden einzelne Elektronen oder deren magnetische Momente, ja sogar einzelne Kernspinmomente schalten. In einer Veröffentlichung in den Fachzeitschriften „Nature Physics“ und „Science“*) konnte die Stuttgarter Arbeitsgruppe, teilweise in Zusammenarbeit mit einer Arbeitsgruppe aus Harvard, zeigen, dass dies bei Diamant experimentell sehr einfach ist und unter Umgebungsbedingungen gelingt. Die Forschungsarbeiten sind integriert in den transregionalen Sonderforschungsbereich CO.CO.MAT (SFB/TR 21), bei dem die Universität Stuttgart Sprecherhochschule ist.

  Reiner Diamant besteht aus Kohlenstoff und ist optisch transparent. Allerdings weist das Material zahlreiche Defekte auf, von denen einige Licht im sichtbaren Spektralbereich absorbieren und damit den Diamant einfärben. Ein gutes Beispiel ist Stickstoff, der sich auf einen Kohlenstoff-Gitterplatz einbauen lässt und den Diamant gelblich einfärbt. Befindet sich eine Fehlstelle in der Nachbarschaft, so spricht man von einem Stickstoff-Fehlstellenzentrum, das Licht im roten Spektralbereich, das heißt um 640 Nanometer, absorbiert. In großen Mengen färbt der Defekt den Diamant rötlich ein. Das Besondere an diesem Typ von Defekt besteht darin, dass die Absorption und die Lichtemission (Fluoreszenz) so intensiv sind, dass man dabei sogar einzelne Defekte im Material beobachten kann. Dies eröffnet nicht nur verlockende Perspektiven für die Materialforschung, sondern gibt auch Zugang zu einem quantenmechanischen Freiheitsgrad, nämlich zu einzelnen Elektronen- und Kernspins. Normalerweise sind aufwändige Nanostrukturierungs- und experimentelle Techniken notwendig, um einzelne dieser Spins experimentell zugänglich machen zu können.  

  Einzelne Farbzentren werden mit einem optischen Mikroskop beobachtet. In einem äußeren Magnetfeld richtet sich der Elektronenspin entlang des Feldes aus. Die Fluoreszenz des Defekts hängt von dieser Ausrichtung ab und ist hoch, wenn der Spin parallel zum Feld gerichtet ist beziehungsweise niedrig, wenn er antiparallel orientiert ist. Aufgrund der geringen Wechselwirkung des Elektronenspins mit dem umgebenden Diamantgitter lässt sich diese Ausrichtung eines einzelnen Spins unter Umgebungsbedingungen beobachten. Damit erscheint es erstmals möglich, dass einzelne Spins in praktischen Anwendungen der Informationstechnologie benutzt werden können. Beispielsweise lassen sich mit den Defektzentren Speicher für Photonen aufbauen. Dazu wird sowohl die Amplitude als auch die Phaseninformation der Photonen durch den Elektronenspin gespeichert. Aufgrund der geringen Störeinflüsse des Kristallgitters im Diamant auf den Spin kann diese Information für lange Zeit sicher aufbewahret werden. Derartige Speicher sind als Puffer aufgrund der hohen Informationsdichte auf den Datenautobahnen der Zukunft unerlässlich.

Jörg Wrachtrup/amg

*) Die Ergebnisse erschienen unter Gaebel, T; Domhan, M; Popa, Jelezko, F., Wrachtrup,J.: „Room-temperature coherent coupling of single spins in diamond“ in NATURE PHYSICS, 2 (2006), Seiten 408-413 sowie Childress, L; Dutt, MVG; Taylor; Zibrov, AS; Jelezko, F; Wrachtrup, J; Hemmer; Lukin, MD „Coherent dynamics of coupled electron and nuclear spin qubits in diamond”, in SCIENCE, 314 (2006) Seiten 281-285.

 

 

 

KONTAKT

 
                                                                      
Prof. Jörg Wrachtrup
3. Physikalisches Institut
Tel. 0711/685-65278
Fax 0711/685-65281
e-mail: wrachtrup@physik.uni-stuttgart.de
 


 

 

 
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Pressestelle der Universität Stuttgart